"Wunderpferd" Totilas macht alle verrückt
Wiesbaden (RPO). Für die einen hat er eine Ausstrahlung wie Barack Obama, für die anderen ist er ein phänomenales Wunderpferd. Der 10-Millionen-Euro-Rappe Totilas verzückt die Reitsportwelt. Doch der Vorgänger von Totilas-Reiter Matthias Alexander Rath, der Niederländer Edward Gal, sieht Probleme.

Wunderpferd Totilas gewinnt Turnier in München
Wunderpferd, Rock-Star, Barack Obama: Totilas macht die Reitsportwelt völlig "gaga." Nach seiner Weltklasseleistung unter Matthias Alexander Rath beim Wiesbadener Pfingstturnier überschlugen sich die Fachleute am Wochenende mit Lobeshymnen. Das neue Dressur-Traumpaar schwang sich zum Favoriten für die deutschen Meisterschaften am kommenden Wochenende in Balve auf. Nur einer war vom Auftritt des 10-Millionen-Euro-Rappen enttäuscht.
"Noch keine echte Einheit"
Dem dreimaligen Dressurweltmeister Edward Gal, vor Rath Reiter und Ausbilder von Totilas, schossen beim Betrachten der Wettbewerbe in Wiesbaden fast die Tränen in die Augen. "Toto holt noch nicht die Punkte, die er mit mir geholt hat. Mit seinem neuen Reiter bildet er noch keine echte Einheit", sagte Gal: "Die Zeit wird zeigen, ob er wieder so gut wird wie bei uns." Nach derzeitigem Stand erwartet Gal, bei der EM in Rotterdam vor Totilas und Rath zu landen.
An die Europameisterschaften verschwendet Rath allerdings noch überhaupt keine Gedanken. Der 26-Jährige ist schon froh, wenn er Totilas in den Prüfungen unfallfrei durch den Parcours bringt. Am Pfingstsonntag war ihm das nicht gelungen. Nach einigen Patzern landeten Rath und Totilas nur auf Rang drei, erst am Montag konnte sich das neue Traumpaar dann mit dem souveränen Sieg rehabiltierten.
Deshalb will Rath auch von der Bezeichnung Wunderpferd nichts wissen. "Wenn man auf Totilas sitzt, dann denkt man nicht daran, dass er zehn Millionen Euro gekostet hat. Dann ist es ein Pferd wie jedes andere auch. Er geht ja nicht von alleine. Wir sind bei den Turnieren immer noch in der Phase, dass wir uns kennenlernen. Deshalb fahren wir auch nicht mit großen Erwartungen nach Balve", sagte Rath.
Mahnendes Beispiel
Sah man allerdings Raths Stiefmutter und Totilas-Mitbesitzerin Ann Kathrin Linsenhoff am Pfingstwochenende mitzittern, erkannte man, wie groß der Druck auf das Wunderpferd ist. Auch Linsenhoff weiß, wie schnell der Traum von einer großen Karriere mit einem speziellen Pferd vorbei sein kann, denn für ähnlich großes Aufsehen sorgte zwischen 2005 und 2007 die Schimmelstute Blue Hors Matine unter ihrem Reiter Andreas Helgestrand (Dänemark).
Ihre vollkommenen Piaffen, Passagen und Pirouetten brachten Blue Hors Martine den Titel "tanzendes Pferd" ein. Die legendären Vorstellungen des Schimmels bei den Weltreiterspielen 2006 in Aachen wurden in kürzester Zeit bei YouTube über 50.000 Mal aufgerufen. Nur ein Jahr später war die Herrlichkeit von Blue Hors Matine wegen einer Sehnenverletzung allerdings vorbei, im Jahr 2010 musste das beeindruckende Pferd wegen eines Beinbruchs sogar eingeschläfert werden.
Neben ihrer Fähigkeit, Menschenmassen zu faszinieren, teilen Totilas und Blue Hors Matine die geringe Ausbildungsdauer. Ein Blick in den Stammbaum von Totilas, der als Königlich Niederländisches Sportpferd eingetragen ist, beweist zudem, dass er und die Schimmelstute fast gleiche Gene besitzen.
Rennen gegen die Zeit
Diese Details verdrängt Totilas-Besitzer Paul Schockemöhle allerdings gerne, dennoch drückt er in Sachen Marketing auf die Tube. Es ist ein Rennen gegen die Zeit, deshalb ist Totilas nicht nur im Viereck im Höchsteinsatz. Für den Rappen wurde in Kronberg eine komplette Absamungsstation gebaut, das bringt mindestens 4000 Euro pro Auftrag. Und beim CHIO in Aachen (08. 17. Juli) wird es dann auch die schon legendäre Totilas-Tasse geben.
"Sind wir nicht alle gern ein bisschen gaga? Wenn Obama vor der Siegessäule in Berlin eine Rede hält, pilgern die Menschen dahin, einfach, weil sie ihn sehen wollen. Heute strömen Massen zu Totilas und Matthias, die noch nie beim Reiten, geschweige dann bei der Dressur waren", sagte Sportmanager Michael Mronz, beim CHIO zuständig für die Vermarktung.