Skateboard-Legende Titus Dittmann Bretter, die die Welt verbessern

Düsseldorf · Was in den USA Tony Hawk ist, ist in Deutschland Titus Dittmann. Denn er war es, der das Skateboard in Europa berühmt machte. Das ist inzwischen 40 Jahre her. Seit 2009 verwirklicht er nun Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt.

 Titus Dittmann präsentiert hier den Kindern in Bethlehem 2015 sein geliebtes Skateboard. Nach den Projekten in Palästina (2015) und Ruanda (2016) will er nun gemeinsam mit den SOS-Kinderdörfern einen Skatepark in Syrien bauen.  foto: diekmann

Titus Dittmann präsentiert hier den Kindern in Bethlehem 2015 sein geliebtes Skateboard. Nach den Projekten in Palästina (2015) und Ruanda (2016) will er nun gemeinsam mit den SOS-Kinderdörfern einen Skatepark in Syrien bauen. foto: diekmann

Foto: RP/Thomas Diekmann

Lässig steht Titus Dittmann da. Wollmütze, Kapuzenpulli, Turnschuhe, das Portemonnaie mit einer Kette an der locker sitzenden Hose befestigt. Skater-Image in Reinform. Wenn er über das Skateboarden redet und dabei ausufernd gestikuliert, dann leuchten seine braunen Augen. Kein Wunder, schließlich ist das Leben des mittlerweile 69-jährigen eng mit dem Brett auf vier Rollen verbunden.

Was in den USA Tony Hawk ist, ist in Deutschland Titus Dittmann. Nicht vom fahrerischen Vermögen her, aber vom Einfluss auf die Szene und die damit verbundene Jugendkultur. Denn Dittmann war es, der das Skateboard in Deutschland und Europa berühmt machte. Das ist inzwischen 40 Jahre her. Seit Ende der 70er-Jahre beschäftigt er sich mit diesem Sport, der für ihn viel mehr als das ist. „Das ist die größte bewegungsorientierte Jugendkultur, die je entstanden ist“, schwärmt der Münsteraner bei der Vorstellung seines neuen Projekts in Düsseldorf.

Bilder: Deutschlands größter Skaterpark eröffnet in Düsseldorf
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Deutschlands größter Skaterpark eröffnet in Düsseldorf

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Skateboarden ist aber noch etwas anderes. Skateboarden ist Selbstbestimmung. Und genau deshalb so wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Das hat Dittmann früh erkannt und wird nicht müde, es zu wiederholen: „Es ist ein wunderbares Werkzeug. Man braucht keine Trainer, und man kämpft nur gegen sich selbst. Und wenn man auf die Schnauze fällt, steht man wieder auf und macht weiter, bis es endlich klappt. So entsteht Leidensfähigkeit und Leistungsfähigkeit – und bildet sich Persönlichkeit.“

Seinen Lehrerberuf hatte er schon früh aufgegeben, um sich ganz dem Skateboard zu widmen – als Unternehmer. Weil es in Deutschland keinen Markt für Skateboardzubehör gab, gründete Dittmann einfach einen und benannte ihn nach sich selbst: Titus. Der Beginn einer Erfolgsstory. Heute gibt es deutschlandweit mehr als 30 Filialen. Doch ganz ohne Rückschläge lief es nicht, 2006 steckte das Unternehmen in einer schweren Krise, der geplante Börsengang platzte, und Investoren forderten ihr Geld zurück. Weil Dittmann das Hinfallen vom Skaten aber zur Genüge kennt und Liegenbleiben keine Option war, rappelte er sich wieder auf und führte die Marke zurück zum Erfolg.

Die Vorzüge des Skateboards seien ganz besonders für die Kinder wichtig, die nicht in wohlbehüteten deutschen Vororten groß werden, sondern in Kriegsgebieten, geplagt von Hunger und Armut. Deshalb hat sich Dittmann auch auf die Fahnen geschrieben, mit dem Skateboard die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Er gründete die Initiative „skate-aid“ und verwirklicht seit 2009 gemeinsam mit seinem Team Projekte für benachteiligte Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt. Begonnen hat diese Reise allerdings schon ein Jahr zuvor, als er ein Projekt in Kabul unterstützte. Von da an war klar, dass Dittmann weiter in dieser Richtung aktiv sein will.

Ein Skater in Windeln zeigt seine Tricks
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Deshalb gab er die Unternehmensleitung an seinen Sohn ab. Er selbst konzentrierte sich fortan auf „skate-aid“. Nach zahlreichen bereits abgeschlossenen Projekten in Südamerika, Afrika und Asien steht nun ein neues in den Startlöchern. Gemeinsam mit den SOS-Kinderdörfern plant Dittmann einen Skatepark in Damaskus. Sie arbeiteten zuvor schon in Palästina (2015) und Ruanda (2016) zusammen. Aus den Erfahrungen weiß Dittmann, was das Skaten mit Kindern macht. „Die Kids sind teilweise stark traumatisiert, einige haben von ihrer Geburt an nur Krieg erlebt. Durch das Skaten können sie sich nicht nur ablenken, sondern sich entwickeln. Dafür schaffen wir die Voraussetzungen mit unseren Skateparks“, sagt er. Um das Ziel zu verwirklichen, braucht es aber auch viel Geld: 85.000 Euro benötigen Dittmann und die SOS-Kinderdörfer binnen vier Wochen, um den Skatepark in Damaskus bauen zu können. Die sollen über Spenden zusammenkommen.

Dittmann ist davon überzeugt, dass dies auch gelingt. Er ist eben ein Optimist. In diesem Jahr feiert er seinen 70. Geburtstag. Dieses Alter sieht man ihm allerdings nicht an. Er würde auch noch als 20 Jahre jünger durchgehen. Nicht umsonst bezeichnet er sich selbst als „spätpubertierend.“ So bleibt er authentisch. Und er steht immer noch selbst auf dem Board – wenn auch nicht mehr so häufig wie früher. „Ich fahre an den Wochenenden zum Brötchen holen“, sagt er. Die größte Herausforderung dabei: „Die Brötchen auf dem Heimweg nicht fallen zu lassen.“

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