Tomokazu Harimoto 14-jähriges Tischtennis-Wunderkind schockt die Elite

Düsseldorf · Tischtennis-Wunderkind Tomokazu Harimoto hat bei den Japan Open den nächsten Meilenstein erreicht. Der Japaner gewann sein zweites Turnier auf der World Tour und schockte dabei nicht nur den chinesischen Weltstar Ma Long.

 Das japanische Tischtennis-Talent Tomokazu Harimoto.

Das japanische Tischtennis-Talent Tomokazu Harimoto.

Foto: dpa, jg fpt

Die Leistung dieses 14 Jahre alten Tischtennistalents kann kaum hoch genug bewertet werden. Denn nicht nur spielerische Klasse gehört dazu, ein so stark besetztes Turnier wie die Japan Open zu gewinnen. Das ist dem Japaner Tomokazu Harimoto gestern eindrucksvoll gelungen. Der als „Wunderkind“ und „Jahrhunderttalent“ Bezeichnete beweist dieser Tage auf seinem Weg in die Weltelite aber auch, warum er mittelfristig ein ganz Großer dieses Sports werden kann.

Allzu viel ist (noch) nicht über Harimoto bekannt. Am 27. Juni 2003 kam er in der japanischen Millionenstadt Sendai auf die Welt und wurde ursprünglich auf den Namen Zhang Zhihe getauft. Seine Eltern stammen beide aus China, waren beide sehr erfolgreiche Tischtennisspieler und fünf Jahre vor seiner Geburt nach Japan ausgewandert. Zhang Zhihe erhielt die japanische Staatsbürgerschaft und damit auch seinen neuen Namen. Die Tischtennis-Tradition der Familie setzte er fort. Ein Mythos rankt sich um seine erste Erfahrung mit dem Sport: So soll er ein Jahr alt gewesen sein, als er zum ersten Mal einen Tischtennisschläger in der Hand hielt. In Interviews spricht Harimoto davon, als Vierjähriger intensiv ins Training eingestiegen zu sein. Intensiv heißt: Er trainierte neun Stunden pro Tag.

Sein erster Trainer war sein Vater, und die harte Arbeit sollte sich schnell auszahlen. Im Alter von sieben Jahren hat er auf der nationalen Bühne auf sich aufmerksam gemacht, als er bei den japanischen Meisterschaften überraschend die dritte Runde erreichte. Wie in der Tischtennisnation Nummer eins China üblich, perfektionierte auch der Japaner Harimoto zuerst seine Technik, ehe Athletik und Taktik wichtig wurden.

Bereits im Februar 2015 besiegte er Jens Lundquist und Omar Assarr – und damit zwei Top 100 Spieler der World Tour. 2016 wurde Harimoto in Kapstadt als 13-Jähriger jüngster Jugendweltmeister aller Zeiten. Weitere Rekorde folgten. Bei der Tischtennis WM in Düsseldorf 2017 begeisterte er eine Woche lang Fans aus der ganzen Welt. Journalisten interessierten sich nur noch für ihn. Spielerisch war in Düsseldorf noch der Chinese Xu Xin zu stark, er hatte Harimoto im Viertelfinale mit Nervenspielchen aus dem Konzept gebracht und 4:1 besiegt. „Zu 50 Prozent bin ich froh, dass ich bei dieser WM überhaupt so weit gekommen bin. Zu 50 Prozent bin ich aber auch enttäuscht, dass ich heute verloren habe“, sagte Harimoto danach. Doch jetzt, bei seinem Heimspiel bei den Japan Open, da hat er allen gezeigt, dass er weiter an sich gearbeitet hat.

Der deutsche Tischtennisstar Dimitrij Ovtcharov hat im Gespräch mit dieser Zeitung einmal verraten, was das Geheimnis ist, wenn man gegen Top-Chinesen bestehen will: „Der Chinese muss spüren, dass du voll an den Sieg glaubst“, sagte Ovtcharov. „Das musst du ihm zeigen.“ Ovtcharov konnte sein Können nicht unter Beweis stellen, weil er in Tokio nicht am Start war. Rekordeuropameister Timo Boll (Borussia Düsseldorf) hatte sich ins Halbfinale gespielt, musste aber aufgrund einer Nackenverletzung kampflos aufgeben. Harimoto hingegen scheint körperlich und mental genau das, was gegen Top-Spieler wichtig ist, aufbieten zu können. Gegen den Olympiasieger und Weltranglistenzweiten Ma Long (China) zeigte Harimoto im Viertelfinale eine unfassbare Leistung und Körpersprache. Bei seinem 4:2-Erfolg hatte er auf jede Taktik des 29-jährigen Ma Long die bessere Antwort, spielte kurz und lang, griff aggressiv an und freute sich lautstark über jeden Punktgewinn. Nach dem entscheidenden Schlag im sechsten Satz ballte der 14-Jährige die Faust und ging überwältigt zu Boden. Und Ma Long? Blickte fast ungläubig ins Leere. Auch das Halbfinale gegen den starken Koreaner Lee Sangsu (Weltranglistenachter) entschied der Japaner für sich. Im Finale wartete dann Zhang Jike. Spannender hätte es nicht laufen können: Harimoto holte einen 1:2- und 2:3-Satzrückstand auf. Im siebten Satz dann siegte er 14:12, weil er einen Zhang-Aufschlag mutig angriff und als i-Tüpfelchen gar ein Ass servierte. Tomokazu Harimoto durfte sich in der Heimat vor heimischer Kulisse die Goldmedaille der Japan Open umhängen. Und er darf weiter vom großen Ziel träumen: Er möchte Olympiasieger werden. In zwei Jahren. In Tokio.

(ball)
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