Tischtennis Timo Boll muss am Knie operiert werden

Düsseldorf · EM-Rekordsieger Timo Boll kämpft wieder mit seiner Gesundheit. Wegen seiner Knie-Probleme muss der früheren Weltranglistenerste voraussichtlich operiert werden und damit zum wiederholten Male für ein Großereignis absagen.

Timo Boll – Rekord-Meister, Weltranglisten-Erster, Borussia Düsseldorf
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Das ist Timo Boll

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Foto: dpa/Andreas Arnold

Die "Krankenakte Timo Boll" ist um einen Eintrag dicker: Wegen Schleimbeutel-Problemen im linken Knie muss der deutsche Tischtennis-Star nach SID-Informationen voraussichtlich operiert werden und damit seine Teilnahme an der bevorstehenden EM in Jekaterinburg/Russland (25. September bis 4. Oktober) nach dem vorherigen Teilverzicht auf Mannschafts- und Doppel-Einsätze komplett absagen.

"Stand heute ist es ein gereiztes Knie", sagte Sportdirektor Richard Prause vom Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) am Donnerstagmittag beim laufenden EM-Lehrgang in Düsseldorf auf SID-Anfrage. Eine offizielle Bestätigung für das EM-Aus des 34 Jahre alten EM-Rekordchampions (16 Titel) gab es von Prause allerdings ebenso wenig wie von Bolls Verein Borussia Düsseldorf.

Zu diesem Zeitpunkt jedoch hatten sich die am Deutschen Tischtennis-Zentrum in der Rhein-Metropole kursierenden Spekulationen um den Gesundheitszustand des Weltranglistensiebten praktisch schon zur Gewissheit verdichtet: Kurz nach seiner Heimkehr von einem dreitägigen Sponsorentermin in China am Freitag muss Boll in der kommenden Woche unters Messer. Prause: "Wenn Timo zurückkommt, setzen wir uns zusammen. Es wird alles geprüft."

Die häppchenweise durchgesickerte Hiobsbotschaft lenkt den Blick auf Bolls durchaus lange Patienten-Geschichte - einmal mehr hat der frühere WM-Dritte mehr mit seinem Körper zu kämpfen als mit Chinas Weltmeistern oder seinem teaminternen Rivalen Dimitrij Ovtcharov.

In Russland würde Boll zum vierten Mal in seiner gut zwei Jahrzehnte langen Profi-Laufbahn bei einem Großereignis aus gesundheitlichen Gründen ausfallen. Erst vor zwei Jahren hatte der Linkshänder aufgrund einer Grippe für die EM in Österreich passen müssen und damit unfreiwillig seine Ablösung als Deutschlands und Europas Nummer eins durch den Olympia-Dritten Ovtcharov eingeleitet.

"Ich bin echt platt", sagte Boll zur Begründung seiner damaligen Absage kurz nach einer gerade erst auskurierten Schulterzerrung. Schon 2008 hatte der Wahl-Düsseldorfer wegen Kniebeschwerden bei der Mannschafts-WM in Guangzhou/China gefehlt, ehe Boll zwölf Monate später aufgrund einer Lendenwirbel-Verletzung auch bei der Einzel-WM im japanischen Yokohama nur Zuschauer war.

Zu den Einträgen in seinem Krankenblatt gehört auch eine "mentale Erschöpfung", wie Boll im Herbst 2010 eine kurzfristig eingeschobene Wettkampfpause begründete: "Ich brauche zwar kein Sauerstoffzelt, aber mein Kopf hat wohl eine kleine Gehirnwäsche nötig, um nicht in ein großes Loch zu fallen."

In jüngerer Vergangenheit machten dem deutschen Rekordmeister außerdem eine Sehnenreizung in der Schulter, Bizeps-Probleme (beides 2012) und eine Brustmuskel-Zerrung (2013) zu schaffen. Davor war sein Rücken für Boll zum Kreuz geworden: Immer wieder plagten den früheren Weltranglistenersten Wirbelsäulen-Probleme mit schmerzhaften Muskelblockaden und Nervenentzündungen.

"Die Gewissheit", meinte der zweimalige Weltcupsieger einmal dazu, "dass mein Körper funktioniert, hatte ich schon lange nicht mehr." Bolls Beanspruchung in den vergangenen Jahren war trotz reduzierten Pensums enorm: hohe Anforderungen bei internationalen Meisterschaften, World-Tour-Turnieren, zuletzt wieder drei Sommer-Engagements in China und Bundesliga-Einsätzen, kaum geringere Belastungen im Training, Jetlags und ein Leben aus dem Koffer.

Die neuerlichen Probleme erscheinen durchaus als Warnsignal seines Körpers. Dabei hatte Boll just in diesem Herbst schon Anlauf auf eine Olympia-Medaille im Einzel bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro als letztes großes Ziel seiner Laufbahn nehmen wollen: Erfolgreiche Auftritte bei der EM und womöglich auch beim Weltcup Mitte Oktober in Schweden sollten eine günstige Setzung beim olympischen Turnier ermöglichen. Wie der Weg zum Zuckerhut nun aussehen wird, ist vorerst noch offen.

(sid)
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