Schwimmerin erklärt Rücktritt Steffens Rücktritt trifft DSV hart

Berlin · Britta Steffens Rücktritt kam für den Deutschen Schwimm-Verband nicht unerwartet und schmerzt dennoch. Wie schlimm die Folgen sind, darüber gehen die Meinungen im DSV etwas auseinander.

Über Langeweile kann sich Britta Steffen nicht beklagen. Weil am Montag in einer Woche ihr neues Studium an der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale beginnt, beschäftigt sich die 29-Jährige schon fleißig mit den Lehrplänen. Außerdem muss die Doppel-Olympiasiegerin von 2008 nach 18 Jahren Hochleistungssport ihren Körper "abtrainieren". Dabei dürfte Steffen so gut in Form sein wie es andere, noch aktive Schwimmerinnnen gerne wären.

Aber die Weltrekordlerin hat am vergangenen Freitag ihren Rücktritt erklärt und diese Entscheidung laut ihrer Managerin Claudia Lindner auch noch keine Sekunde bereut: "Sie ist glücklich und freut sich auf ihren neuen Lebensabschnitt." Im Deutschen Schwimm-Verband (DSV) sorgte die Nachricht selbstredend für weniger gute Laune. Wie groß aber die Einschnitte mit Blick auf die Medaillenchancen und die Vermarktung durch Steffens Rückzug sind, darüber gehen die Meinungen der Verantwortlichen etwas auseinander.

"Wir haben nur eine"

Bundestrainer Henning Lambertz meint, dass der Verlust seiner Vorschwimmerin sportlich betrachtet "ein harter Einschnitt" ist, vor allem hinsichtlich der Heim-EM im kommenden Jahr in Berlin. "Unsere Medaillenvorgabe dürfen wir jetzt gleich um ein, zwei Medaillen reduzieren", sagte Lambertz und warnte, man dürfe nicht so tun, "als hätten wir 20 Britta Steffens in Deutschland. Wir haben nur eine."

Und jetzt nicht einmal mehr das, dennoch sieht DSV-Präsidentin Christa Thiel die Zukunft nicht ganz so düster. "Der DSV hat immer wieder Ausnahme-Talente hervorgebracht. Zwar nicht so viele, aber es gab einen Michael Groß, eine Franziska van Almsick, eine Britta Steffen", sagte Thiel dem SID: "Natürlich hätten wir es gerne gesehen, wenn Britta bis zur Europameisterschaft im nächsten Jahr in Berlin weitermacht. Man kann eine Athletin aber nicht zwingen, wenn sie andere Pläne hat. Ihre Entscheidung wirft uns nicht um."

Als Zugpferd in der öffentlichen Wahrnehmung wird Steffen in Zukunft definitiv fehlen, für das kommenden Jahr gab Thiel aber dennoch Entwarnung: Die Verhandlungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern über einen Fernsehvertrag für 2014 stünden kurz vor dem Abschluss. "Das steht auf dem Papier und ist so gut wie durch", sagte die DOSB-Vizepräsidentin.

Mittelfristig braucht der DSV aber dringend neue Spitzenschwimmer, zumal die sportliche Zukunft von Steffens Lebensgefährten Paul Biedermann ebenfalls ungewiss ist. Wie der Anschluss an die Weltspitze wieder hergestellt werden kann, will Lambertz mit den Heimtrainern bei der Auswertetagung der desolaten WM von Barcelona am kommenden Wochenende besprechen. Der Wuppertaler plant einschneidende Veränderungen im deutschen Schwimmsport - zur Not auch gegen den Willen der Heimtrainer.

"Fakt ist eins: Ein 'Weiter so' kann es nicht geben", sagte Lambertz, seit Jahresbeginn verantwortlicher Chef-Bundestrainer. Sein Konzept sieht zwei wesentliche Lösungsansätze vor: härteres Training und nach internationalem Vorbild die Einführung von Trials als Qualifikation für den Saisonhöhepunkt.

Bislang mussten die Schwimmer einige Monate vor einer WM, EM oder vor Olympischen Spielen bei deutschen Meisterschaften um ihr Ticket kämpfen. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass die meisten Athleten es nicht schaffen, die guten Leistungen bei der DM ein paar Monate später auch beim Saisonhöhepunkt abzurufen. Deswegen will Lambertz die Qualifikation bei so genannten Trials wenige Wochen vor der Heim-EM in Berlin abhalten.

Zuvor steht aber die Kurzbahn-Saison mit der EM in Herning/Dänemark (12. bis 15. Dezember) als Höhepunkt an. Ein EM-Ticket müssen sich die DSV-Athleten bei der DM in Wuppertal (21.
bis 24. November) erkämpfen.

(sid)
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