Das Sport-Spektakel erobert Asien Weltereignis Rugby-WM beginnt in Japan

Tokio/Frankfurt · Am Freitag beginnt in Japan die Rugby-WM. Der Sport erobert damit einen neuen Kontinent. In Deutschland bleibt das Weltereignis wieder einmal Randnotiz.

 Kanadas Mike Sheppard (r) im Duell mit Paul Lasike aus den USA.

Kanadas Mike Sheppard (r) im Duell mit Paul Lasike aus den USA.

Foto: AP/JONATHAN HAYWARD

Die Dimensionen dieses zweimonatigen Sport-Spektakels sind gewaltig. Mehr als 400.000 Gästefans aus aller Welt, die 1,8 Millionen Stadion-Tickets beinahe vergriffen, bis zu drei Milliarden TV-Zuschauer rund um den Globus und ein kalkulierter Umsatz von rund vier Milliarden Dollar im Gastgeberland: Die am Freitag beginnende Rugby-WM in Japan ist ein Weltereignis. Nur auf Deutschland wird der Funke wohl auch diesmal nicht überspringen.

"Die erste Rugby-WM in Asien wird Rekorde brechen", kündigte der Weltverbandsvorsitzende Bill Beaumont jüngst vollmundig an. Wurde bei der letzten Austragung 2015 in England noch ein gewaltiges Fest im Mutterland des kampf- und körperbetonten Sports gefeiert, steht diesmal der Aufbruch in ein neues Zeitalter bevor. Die Faszination für den Rugby-Sport soll einen neuen Kontinent erobern.

Vor vier Jahren hatte Japan sein Erweckungserlebnis. Damals schlugen die Asiaten in der Vorrunde des Turniers in England als 1000:1-Außenseiter den zweimaligen Champion Südafrika und sorgten damit für die größte Sensation der WM-Geschichte. In Japan brach daraufhin das Rugby-Fieber aus. Nach lediglich 2,7 Millionen TV-Zuschauern beim Coup gegen Südafrika sahen die folgende Begegnung gegen Tonga mehr als 25 Millionen.

Obwohl die Japaner anschließend auf tragische Weise und als erstes Team überhaupt mit drei Siegen aus vier Gruppenspielen ausschieden, hatte der Rugby-Virus Nippon fortan erfasst. Vor dem Eröffnungsspiel am Freitag (12.45 Uhr MESZ/ProSiebenMaxx) gegen Russland haben sich die "Brave Blossoms", die tapferen Blüten, viel Aufmerksamkeit erkämpft. Das Heim-Turnier, das bis zum 2. November in insgesamt zwölf Städten ausgetragen wird, soll nun der vorläufige Höhepunkt des japanischen Rugby-Booms werden.

Seit vielen Monaten rüstet sich Japan für das Großereignis, das von den Gastgebern auch als Testlauf für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio im kommenden Jahr gesehen wird. Teilweise mit kuriosen Mitteln: So verschickten die Organisatoren etwa eine Mitteilung an die Gastgeberstädte mit der Anweisung, ausreichend Biervorräte anzulegen, um auf den Ansturm der trinkfesten Rugby-Fans vorbereitet zu sein. Die "Rugby-Kultur" sei in Japan eben "noch nicht weitläufig" bekannt, erklärten die Offiziellen ihre Maßnahme.

Sportlich verspricht die WM Spannung wie selten zuvor, was vor allem mit der ungewöhnlichen Schwächephase Neuseelands zu tun hat. Die legendären "All Blacks", die in England als erste Mannschaft überhaupt ihren Titel erfolgreich verteidigt hatten, kassierten zuletzt mehrere bittere Niederlagen. Vor allem ein desaströses 26:47 gegen Erzrivale Australien, für die heimischen Medien eine "Blackopalypse", sorgte für eine vorübergehende Schockstarre beim traditionellen Topfavorit.

Die Verfolger wittern ihre Chance, besonders Neuseelands erster Gegner Südafrika (Samstag, 11.45 Uhr MESZ) hat nach starker Vorbereitung ein Auge auf den Titel geworfen. Das gilt allerdings auch für andere Nationen: Wales und Irland erklommen zuletzt nacheinander erstmals überhaupt die Weltranglistenposition eins, auch England sowie Geheimfavorit Fidschi zählen zu den Titelanwärtern.

In Deutschland wird der ganze Trubel allerdings trotz aller sportlichen Brisanz wohl nur wenige Sportfans mitreißen. Obwohl der TV-Sender ProSiebenMaxx insgesamt 31 der 48 Spiele live im Free-TV überträgt, bleibt das nach Olympia und Fußball-WM drittgrößte Sport-Ereignis der Welt hierzulande in der Nische. Die deutsche Nationalmannschaft hatte die erstmalige Qualifikation im Vorjahr denkbar knapp durch eine Niederlage gegen Kanada verpasst. Das Weltereignis bleibt somit eine Randnotiz.

(ako/sid)
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