Deutschland im Halbfinale gegen Bulgarien Sehnsuchtsziel Tokio rückt näher

Berlin · Raus aus der Badewanne - rein ins Finale! Nach einer Verschnaufpause soll Georg Grozer die deutschen Volleyballer zu Olympia schmettern. Noch zwei Siege fehlen der Mannschaft von Bundestrainer Andrea Giani. Vor dem Halbfinale gegen Bulgarien in Berlin steigt der Nervenkitzel.

 Deutschlands Marcus Böhme (2.v.l.) springt zum Schmetterball hoch. Lukas Kampa (l) und Ruben Schott (r) sowie Alen Pajenk aus Slowenien verfolgen den Sprung.

Deutschlands Marcus Böhme (2.v.l.) springt zum Schmetterball hoch. Lukas Kampa (l) und Ruben Schott (r) sowie Alen Pajenk aus Slowenien verfolgen den Sprung.

Foto: dpa/Andreas Gora

Volle Kraft voraus! Im Sitzungssaal mit dem bezeichnenden Titel „Maschinenraum“ untermauerten die deutschen Volleyballer um Muskelmann Georg Grozer im Teamhotel ihre Sehnsucht nach dem Ziel Tokio. „Bei uns ist ein sehr, sehr großer Wille vorhanden, jeden Satz, jedes Spiel zu gewinnen und bis zum Schluss im Turnier zu bleiben“, betonte Bundestrainer Andrea Giani am Mittwoch bei einem Medientermin.

Nach einer Verschnaufpause wollen die Deutschen um ihren zuletzt geschonten Superstar Grozer den vorletzten Schritt zu Olympia machen. „Es geht ihm zum Glück besser, und wir werden ihn am Donnerstag wieder in der Halle sehen. Dann werden wir das Ding rocken“, kündigte Außenangreifer Christian Fromm voller Zuversicht vor dem Halbfinale in der Olympia-Qualifikation gegen das Überraschungsteam Bulgarien am Donnerstag (20.10 Uhr/Sport1) an, das Europameister Serbien rauswarf.

Ein Ausrutscher wird nicht verziehen, nur der Gewinner des Berliner Turniers erfüllt sich den Traum von Olympia. „Gegen die Bulgaren müssen wir clever agieren im Angriff, nicht die Brechstange rausholen. Da können wir selber mit unserem Aufschlag sehr viel Schaden anrichten“, meinte Kapitän Lukas Kampa und bezifferte die Chancen von nun an auf „50:50“.

Grozer ist allerdings der Mann, der die Chancenverhältnisse zu Gunsten seiner Mannschaft verschieben kann. Nach einer Wadenblessur wurde der Modellathlet im letzten knapp verlorenen Vorrundenspiel gegen Vize-Europameister Slowenien geschont, am Mittwoch absolvierte er wieder Krafttraining. „Ich glaube, er hat das Spiel aus der Badewanne geguckt“, meinte Kampa (33) schmunzelnd über Grozer (35), der spätestens nach Tokio seine Karriere in der Nationalmannschaft beenden wird. Der Diagonalangreifer habe „die Akkus voll“ und werde in der Vorschlussrunde wieder voll da sein. „Er wird doppelt so stark zurückkommen“, meinte Kampa sogar.

Der äußerlich tiefenentspannte Nationaltrainer Andrea Giani zweifelt ebenso wenig an einer Prachtleistung seines Top-Angreifers im Halbfinale. „Er wird bereit sein“, kündigte der frühere Weltklasse-Athlet an, der als Spieler selbst fünfmal bei Olympia dabei war. Nach acht Jahren Pause sollen auch deutsche Volleyballer am schillerndsten Sportevent der Welt wieder teilnehmen. „Der Traum ist genau so groß wie 2012“, beschrieb Kampa seine Sehnsucht nach den Sommerspielen.

Deutschland geht zuversichtlich in die K.o.-Runde. Nach zwei Pflichtsiegen gegen Tschechien und Belgien musste sich der EM-Zweite von 2017 den Slowenen zum Vorrundenende erst nach deutlich mehr als zwei Stunden mit 2:3 geschlagen geben. „Dass wir hier bis Mitternacht spielen, war vielleicht nicht Teil des Plans“, meinte Kampa lachend. Giani rotierte kräftig, neben dem komplett fehlenden Grozer erhielten auch sein Kapitän und weitere unter Hochbelastung stehende Akteure wie Frommm willkommene Ruhepausen. „Wer weiß, in welchen Situationen wir die Leute noch brauchen“, sagte Kampa.

Es gibt diese Szenarien im Volleyball häufig genug, in denen es einmal für eine Stammformation nicht läuft und der Trainer dann mit personellen Wechseln für Impulse sorgen will. Da ist Spielzeit für die zweite Garde ganz wichtig. Grozers Schattenmann Simon Hirsch etwa war gegen die Slowenen mit 18 Punkten bester deutscher Angreifer. Das Niveau eines Grozers hat der Italien-Legionär natürlich nicht, punktuell kann er aber in der K.o.-Runde noch wichtig werden. „So eine Mannschaft braucht natürlich den Georg, er hebt die Mannschaft auf ein anderes Niveau“, räumte Hirsch uneitel nach seinem Einsatz ein: „Ich bin dahinter, ich bin bereit.“

Die individuelle Klasse der Franzosen zum Beispiel haben die Deutschen nicht. Mit einer positiven Einstellung auf dem Feld und Zusammenhalt in schwierigen Situationen können Kampas Männer aber einige Extra-Prozente Leistung aus sich herausholen. Grozer sagte schon vor dem Turnierstart: „Herz und Kopf müssen funktionieren.“ Dann führt die Reise über einen Zwischenstopp in der Badewanne vielleicht sogar bis nach Tokio.

(rent/dpa/sid)
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