"Wunder von Mallorca" Nach Unfall: Handbikerin kann wieder gehen

Berlin (RPO). Nach Komplikationen bei einer Operation saß die Niederländerin Monique van der Vorst 13 Jahre im Rollstuhl. Nach einem Trainingsunfall mit einem deutschen Radfahrer kann die zweifache Silbermedaillengewinnerin der Paralympics in Peking plötzlich wieder gehen. Eine Erklärung für das "Wunder von Mallorca" haben die Ärzte aber nicht.

 Monique van der Vorst stellt den Rollstuhl beiseite.

Monique van der Vorst stellt den Rollstuhl beiseite.

Foto: ap

Sie kann wieder gehen. Langsam und wacklig setzt Monique van der Vorst ein Bein vor das andere und strahlt über das ganze Gesicht. Nur wenige Minuten schafft sie es, und die Anstrengung ist ihr trotz des Lächelns anzusehen. Aber: Sie kann nach dem "Wunder von Mallorca" gehen.

Ihr halbes Leben saß die Niederländerin im Rollstuhl und wurde zu einer der besten Behindertensportlerinnen der Welt. Sie gewann bei den Paralympics 2008 in Peking zwei Silbermedaillen, ist mehrfache Weltmeisterin und Weltrekordhalterin im Handbike-Marathon. Doch dann änderte ein Unfall ihr Leben.

Ein deutscher Radfahrer kollidierte im März 2010 im Trainingslager auf der Ferieninsel Mallorca mit ihrem Handbike. Mit zitternden Beinen lag sie danach auf der Straße und verspürte wenig später im Krankenhaus auf einmal wieder Gefühl in ihren Beinen. Nach monatelanger Rehabilitation schaffte sie ihre ersten eigenen Schritte nach mehr als 13 Jahren. Die Ärzte sprechen von einem Wunder. Eine genaue Erklärung für die Heilung haben sie nicht.

"Ich habe in der Zeit viel geweint. Ich wusste nicht, wie ich mit der neuen Situation umgehen soll", sagt die 26-Jährige: "Natürlich waren das Tränen der Freude, aber gleichzeitig ist auch mein Traum von den Paralympics 2012 in London geplatzt." Denn nach dem Reglement des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) ist die Studentin nicht mehr startberechtigt.

Im Alter von 13 Jahren traten bei einer Fußgelenkoperation Komplikationen auf, eine Amputation des linken Beins stand im Raum, es blieb gelähmt. Seitdem sitzt Monique van der Vorst im Rollstuhl, weil auch das rechte Knie in Mitleidenschaft gezogen wurde. 2007 dann der nächste Schicksalsschlag. Bei einem Autounfall trug sie eine teilweise Querschnittslähmung davon.

Dass bei ihr trotz der medizinischen Sensation nicht nur die Freude überwiegt, mag für viele Menschen unglaublich sein, doch bei genauerem Hinsehen ist es irgendwie verständlich. Durch den Sport fasste sie neuen Lebensmut, trainierte zuletzt 25 bis 30 Stunden in der Woche für London 2012.

"Ich habe nie aufgegeben. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, mein Leben so erfüllt wie möglich zu leben und bin eine professionelle Athletin geworden", erklärt sie: "Alles hat sich geändert. Für mich hat jetzt eine neue Aufgabe angefangen. Ich vermisse es schon sehr, nicht mehr so viel zu trainieren, aber ich habe etwas Schönes zurückbekommen."

Auch Wolfgang Moser ist auf das Schicksal der Niederländerin aufmerksam geworden. Der gebürtige Görlitzer hatte beim Radtraining unbeabsichtigt den Unfall auf Mallorca verursacht - und sucht nun Kontakt zur Sportlerin.

"Die Kette bei Moniques Handbike soll blockiert gewesen sein. Das bewirkt so eine Art Vollbremsung. Mir blieb keine Zeit zu reagieren. So prallte ich ungebremst auf das Handbike und flog darüber hinweg", berichtete der 63-Jährige im Interview mit der Sächsischen Zeitung: "Ich hatte nach dem Unfall im Internet nachgesehen und war geschockt, dass ich eine Behindertensport-Weltmeisterin angefahren hatte. Das tat mir furchtbar leid."

Die Kontaktaufnahme nach dem Unfall klappte nicht. Beim Adressenaustausch kam es zu einem Fehler. Nun hat es Moser mit der Kontaktaufnahme über das Internet versucht. "Vielleicht bekomme ich ja eine Antwort. Ich hoffe, dass sich Monique darüber freut, dass sie wieder laufen kann. Ich bin so froh, wie sich alles gefügt hat. Ich würde mich freuen, wenn sie es schafft, in einer anderen Sportart erfolgreich zu sein."

Das hat sich die Niederländerin fest vorgenommen, denn die neue sportliche Herausforderung steht schon fest. "Mein Traum ist es, einen Marathon zu laufen, aber im Moment weiß ich nicht, ob ich überhaupt jemals drei Kilometer laufen kann", erklärt sie. Und folgt dabei ganz ihrem Motto: "Träum' nicht! Mach' es!"

(SID/chk)
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