Ruderer Maximilian Planer Der Journalist im Achter

Dortmund · Maximilian Planer rudert bei der WM im Deutschland-Achter und macht sein Examen in Journalistik. Ein Austausch über mediale Aufmerksamkeit einer Randsportart, peinliche Selfies und die Trägheit olympischer Sportarten.

 Maximilian Planer bei der Präsentation des Deutschland-Achters in Dortmund.

Maximilian Planer bei der Präsentation des Deutschland-Achters in Dortmund.

Foto: imago/Sven Simon/Anke Waelischmiller/SVEN SIMON

An diesem Dienstagmorgen Ende August hat der Deutschland-Achter nach Dortmund geladen. Zum Medientag vor der WM im bulgarischen Plowdiw. In der ersten Etage des Leistungszentrums am Dortmund-Ems-Kanal mischen sich Journalisten mit Ruderern aus dem deutschen Vorzeigeboot. Einer der starken Männer aus dem Achter ist selbst angehender Journalist: Maximilian Planer. Der 27-Jährige mit dem Rauschebart studiert an der TU Dortmund Journalistik, lernt also beide Seiten des Sportjournalismus kennen: die des Leistungssportlers und die des Reporters. Ein Austausch.

„Ich glaube, um Sportjournalist zu werden, muss man eine Begeisterung für Sport fühlen, weil man die ganzen Werte, die der Sport mit bringt, sonst gar nicht bemerken würde“, sagt Planer. „Ob man allerdings gleich Fan sein muss, weiß ich nicht.“ Er spielt damit auf das Vorurteil an, Sportjournalisten seien oft genug Fans, die es über die Absperrung geschafft haben. Professionelle Distanz ist ein großes Thema in den Medien, gerade im Sport, der fürs Kumpelhafte so empfänglich ist. Doch wie nimmt der Spitzenruderer Planer seinen Gegenüber in der Mixed Zone wahr? „Es geht als Journalist schon darum, finde ich, eine professionelle Ebene zu wahren, und sich nicht wie über so manches Selfie dem größeren Bekanntheitsgrad des Sportlers zu unterwerfen“, sagt er, der am Sonntag mit dem Achter den WM-Titel aus dem Vorjahr verteidigen will. Den Vorlauf am Mittwoch gewann der Deutschland-Achter schon einmal souverän.

Die WM ist der Saisonhöhepunkt für Planer und den Achter – und die Zeit, in der die Ruderer plötzlich gesteigertes Medieninteresse wahrnehmen, wo sonst meist still der See ruht. Planer will auch kein Gejammer anstimmen, warum alle dem Fußball nachlaufen, er skizziert eine realistische Erwartungshaltung. „Unser Sport ist ja ausgerichtet auf Großereignisse wie Weltcups, EM, WM und Olympia. Und wenn bei denen mediale Präsenz garantiert wäre, würde uns das reichen. Wir brauchen das ja gar nicht, dass uns täglich jemand ein Mikro unter die Nase hält. Es kommt uns sogar gelegen, dass das nicht so ist“, sagt er.

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Deutschland-Achter fährt zur Goldmedaille

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Foto: AP/Darko Bandic

Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio saß Planer nicht im Achter, sondern im Vierer. Sein Boot wurde Zwölfter – und er lernte eine wichtige Lektion. Die, dass die Bühne Olympia eine ist, auf der auch Aussagen eines Randsportlers auf die Goldwaage gelegt werden. Planer hatte in einem Interview eine Zweiklassengesellschaft beklagt, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) setze die Medaillengewinner in einen Flieger, den Rest in einen anderen. Der DOSB konnte diese Behauptung prompt widerlegen, und Planer stand doof da. „In den zwei Wochen Olympia muss man schon aufpassen, dass man nichts sagt, zu dem man am Tag danach nicht mehr stehen kann. Man muss sensibel werden für diese große Bühne“, sagt der 1,98-Meter-Mann rückblickend. Diese Sensibilität gilt insbesondere für die, die es als Ruderer in den Achter geschafft haben. Die, die plötzlich Teil des Mythos sind. „Wir merken ja, dass die mediale Aufmerksamkeit vor allem auf dem Achter liegt. Und das bringt eben eine Verantwortung für das gesamte Rudern mit sich, genauso wie einen gewissen Druck von außen“, sagt Planer.

Momentan schreibt er an seiner Bachelorarbeit. Titel: „Der Einfluss der Selbstberichterstattung des Sports – der Vergleich von Fußball und Randsportarten“. Planer stellt hier die Frage nach der Zukunft des Journalismus, wenn Sportler, Vereine oder Verbände selbst als Medien auftreten. „Ist so etwas wie FC Bayern TV jetzt schlecht für den Journalismus, weil hier kein Journalismus gemacht wird, sondern PR, der als Journalismus verkauft wird? Oder birgt es auch Chancen, weil der Journalismus sich so wieder auf seine Aufgabe konzentrieren kann, Hintergründe zu recherchieren und Dinge aufzudecken?“, fragt Planer. Man merkt, dass ihm die zweite Antwort lieber wäre. Eins hat er schon entdeckt: „Ich glaube, es gibt eine gewisse Trägheit in den olympischen Sportarten, sich stärker medial zu präsentieren. Denn wenn ein Verband durch bessere Öffentlichkeitsarbeit einen neuen Sponsor findet, wird dessen Zuwendung von der Förderung des Bundesinnenministerium abgezogen“, sagt Planer. Da spricht dann wieder der Sportler aus ihm.

Wenn die Ruderkarriere ausläuft, will Planer sich endgültig für die andere Seite entscheiden. Sport als Themenbereich ist dabei aber kein Zwang. „Sportjournalismus steht schon sehr weit oben auf meiner Ideenliste. Es liegt ja auch auf der Hand. Kulturjournalismus wäre für mich aber auch interessant.“

In dieser Woche ist die berufliche Zukunft aber ganz weit weg. Es zählt nur die WM, es zählt nur der Achter. Damit am Sonntagabend die Journalisten in Deutschland Folgendes eintippen: „Meine Wunsch-Überschrift für den Tag nach dem WM-Finale? ,Deutschland-Achter siegt mit neuer Weltbestzeit’“.

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