Duell gegen Anand um Schach-WM Magnus Carlsen ist nicht mehr unbesiegbar

Sotschi/Berlin · An diesem Samstag startet die Schach-WM - und wie im Vorjahr heißt das Duell Magnus Carlsen gegen Viswanathan Anand. Doch die Vorzeichen haben sich zumindest ein bisschen gewandelt.

 Magnus Carlsen (r.) und Viswanathan Anand spielen erneut gegeneinander um den WM-Titel.

Magnus Carlsen (r.) und Viswanathan Anand spielen erneut gegeneinander um den WM-Titel.

Foto: dpa, sts ss jhe nic

Um ein Haar hätte es die Revanche um die Schach-Krone zwischen Titelverteidiger Magnus Carlsen sowie seinem Herausforderer und Vorgänger Viswanathan Anand gar nicht gegeben. Erst wenige Stunden vor Ablauf einer vom Weltverband FIDE gesetzten Frist unterzeichnete der 23-jährige Carlsen den WM-Vertrag für das Duell in der russischen Olympiastadt Sotschi. "Es ist ein seltsamer Zeitpunkt für eine Weltmeisterschaft in Russland", sagte Carlsen: "Zumal ja kein Russe mitspielt..."

Die immer noch angespannte politische Lage in Russland und die deutliche Kürzung des Preisgeldes hatten den Norweger zögern lassen - erst nach Rücksprache mit der Regierung in Oslo sagte er zu. So heißt es nun ab kommenden Samstag im ehemaligen olympischen Medienzentrum von Sotschi: "Der Mozart des Schachs" Carlsen gegen den "Tiger von Madras" Anand.

Nach der Unsicherheit im Vorfeld verspricht auch die sportliche Auseinandersetzung Hochspannung. Im Gegensatz zum Vorjahr im indischen Chennai. Dort deklassierte der junge Herausforderer den fast doppelt so alten Weltmeister in dessen Heimatland. Mit 6,5 zu 3,5 Punkten gewann Carlsen und krönte sich zum zweitjüngsten Schach-Weltmeister der Geschichte.

Doch die Vorzeichen haben sich geändert. Sportlich musste Carlsen einige Rückschläge einstecken, er dominiert die Schach-Welt nicht mehr so wie vor seinem Titelgewinn. Obwohl er sich 2014 auch zum Weltmeister im Blitz- und Schnellschach krönte.

Gleich mehrmals verlor der Shootingstar, unter anderem auch Model für ein Bekleidungsunternehmen, Partien - unter anderem auch eine gegen den deutschen Großmeister Arkadij Naiditsch: Die Aura der Unbesiegbarkeit hat Carlsen eingebüßt. "Ich darf nicht so spielen wie in den letzten Begegnungen. Wenn ich aber mein Topniveau zeige, sehe ich mich als Favorit", betonte Carlsen: "Ansonsten kann ich aber auch schnell bestraft werden."

Anand kämpft sich zurück

Und Anand? Eigentlich war alleine die Qualifikation des Inders schon eine gehörige Überraschung. Nicht wenige hatten nach dem Verlust des WM-Titels das Karriereende des 44-Jährigen vorausgesagt. Doch Anand, in seiner Heimat ebenfalls ein nationales Idol, kämpfte sich zurück. Er gewann im März das Kandidatenturnier in Chanty-Mansijsk und schrieb damit Geschichte: 19 Jahre nach seinem ersten WM-Duell (1995 gegen Garri Kasparow) kämpft er wieder um den Titel.

"Chennai ist ein abgeschlossenes Kapitel", sagte Anand: "Sotschi ist ein neues Spiel, eine neue Herausforderung." Vor allem aus psychologischer Sicht ist die Ausgangslage diesmal leichter für ihn. Der Druck im vergangenen Jahr vor den heimischen Fans und die Bürde des Titelverteidigers schienen ihn zu lähmen. Seit dem Verlust des WM-Titels spielt Anand wieder frischer und vor allem: besser. "Ich will einfach spielen", sagte er im Interview mit dem Münchener Merkur: "Ich hoffe, dass ich stärker spielen kann - und dann verbessern sich automatisch meine Chancen."

Doch auch diesmal wird es spannend sein zu sehen, wie der deutlich ältere Herausforderer die physischen Anstrengungen meistert. Der durchtrainierte Carlsen setzt auch auf stundenlange Begegnungen, in denen er seine körperlichen Vorteile ausspielen kann. Im vergangenen Jahr schien Anand darauf nur bedingt vorbereitet gewesen zu sein. Gleich mehrmals machte er in der Endphase der Partien die spielentscheidende Fehler.

(sid)
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