Reiten Reitsport befürchtet Engpässe bei Turnierrichtern

Düsseldorf · Dem deutschen Reitsport gehen die Turnierrichter aus. Schon heute gibt es Defizite in der Vielseitigkeit, im Voltigieren und Fahren. Ein Mangel droht auch im Springreiten.

 Isabell Werth bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro.

Isabell Werth bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro.

Foto: dpa, hpl

Dem Reitsport in Deutschland droht ein Mangel an Turnierrichtern. Das sei "in der Tat eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen", teilte die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) auf Anfrage unserer Redaktion mit. Man versuche, einen Weg zu entwickeln, um die "zukünftige Gewinnung von Richternachwuchs trotz veränderter Rahmenbedingungen und Voraussetzungen" sicherzustellen, hieß es weiter.

Das Instrument, mit dem die Reiter dem drohenden Mangel entgegentreten wollen, heißt Ausbildungs-Prüfungs-Ordnung (APO) 2020. Damit die APO am 1. Januar 2020 in Kraft treten kann, muss sie spätestens Anfang 2019 vom Beirat Sport der FN beschlossen werden. Bis dahin diskutieren Experten eben auch eifrigst über die Situation der Turnierrichter. 3000 Richter gebe es aktuell bundesweit über alle Disziplinen hinweg, sagt Joachim Geilfus von der Richtervereinigung DRV. "Und damit sind wir noch relativ gut aufgestellt. Aber entscheidend ist nicht die Zahl der Richter, sondern ihre Verfügbarkeit." Und hier könnte es absehbar Probleme geben. Schon heute gebe es gelegentlich Defizite in den Disziplinen Vielseitigkeit, Voltigieren und häufiger im Fahren, schildert Geilfus. Ein Engpass könne auf Sicht auch bei Richtern im Springsport bestehen, weil zuletzt deutlich mehr Dressur-Richter ausgebildet worden seien.

Letzteres hängt eng mit der Mitgliederzusammensetzung des Reitsports hierzulande zusammen, die vornehmlich weiblich geprägt ist. So waren Ende 2015 von den fast 63.000 Mitgliedern im Pferdesportverband Rheinland (PSVR) fast 80 Prozent Mädchen und Frauen. Und Frauen sind eher der Dressur als dem Springreiten zugewandt. Hinzu kommt: "Dressurreiter haben oftmals ein größeres Interesse daran, in ihrem Sport auch zu richten, als Springreiter", sagt Rolf Peter Fuß, Vorstandssprecher des PSVR. Wobei Richten beim Springreiten ja nicht nur bedeutet, Abwürfe zu zählen und Zeit zu messen. Rund 30 Prozent der Springprüfungen sind heute Stilspringprüfungen, bei denen Sitz und Einwirkung des Reiters bewertet werden.

"Richterausbildung ist eine der intensivsten und aufwendigsten Sachen, die wir haben"

Bislang versucht der Reitsport mittels einer disziplinübergreifenden Grundausbildung der Turnierrichter in Dressur, Springreiten und Jungpferdeprüfungen eine Situation zu schaffen, in der die Richter für die Turnierveranstalter vielseitig einsetzbar sind. Erst danach folgt die Spezialisierung. "Die Richterausbildung ist eine der intensivsten und aufwendigsten Sachen, die wir haben", sagt Fuß.

Doch weil die Richterzahlen je nach Disziplin und Landesverband - im Rheinland und in Niedersachsen ist die Lage besser als beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern - variieren, will man mit der APO 2020 nun einem generellen Mangel vorbeugen. Diskutiert werden vor allem drei mögliche Änderungen: 1) eine frühere Spezialisierung in der Ausbildung, 2) eine berufsgerechtere zeitliche Aufsplittung des einwöchigen Grundseminars samt Prüfung in Warendorf, Langenfeld (für ganz Deutschland), Münster (für Verband Westfalen) oder München (für Bayern) in einzelne Module sowie 3) Sonderlehrgänge für verdiente Turniersportler.

(klü)
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