Degenfechten Heidemann kämpft für ihren Olympia-Traum

Köln · Degenfechterin Britta Heidemann hat nur noch eine kleine Chance auf die Teilnahme an den Spielen in Rio. Sie kämpft - auch gegen die Schmerzen in ihrer Achillessehne.

Britta Heidemann: Fecht-Olympiasiegerin aus Köln
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Das ist Britta Heidemann

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Foto: dpa, mut soe

Auf die Jugend von heute ist Britta Heidemann (33) ein bisschen neidisch. Die Fördermöglichkeiten, die die rheinischen Degenfechter in Bonn, Leverkusen und Solingen heute bekommen, dieses fein abgestimmte System von Schule und Training, das hätte sie sich auch gewünscht, als sie noch nicht Olympiasiegerin, Deutschlands gefragteste Sportlerin und Hansdampf in allen Gassen war.

Sie erzählt, wie sie am Kölner Apostelgymnasium bitten musste, um für Wettkampfreisen freigestellt zu werden und wie sie im Studium der Regionalwissenschaften an der Universität zu Köln mit Fehlstunden und Klausurterminen jonglieren musste. Extrawürste für angehende Weltklassesportler gab es damals nicht.

Heidemann ist ein Selfmade-Star. Sie kann Widrigkeiten annehmen und das Beste aus der Situation machen. Drei Olympia-Teilnahmen mit drei Medaillen sind das Resultat. An diesem Wochenende in Buenos Aires und Mitte März in Budapest hat die für den TSV Bayer Leverkusen startende Athletin noch Chancen, sich für die Spiele in Rio zu qualifizieren. Wenn das nicht klappt, bekommt sie womöglich im April bei einer Europa-Ausscheidung in Prag noch eine Möglichkeit.

Der Qualifikationsmodus ist kompliziert. Es ist ein Spiel mit viel Wenn und Aber. Gewiss ist nur, dass es eng wird. Zuletzt beim Weltcup in Barcelona wurde sie nur 24. Doch wenn eine deutsche Athletin die Fähigkeit hat, auf den Punkt ihre maximale Leistung abzurufen, dann ist es Britta Heidemann.

Sie kann sich quälen. Und das muss sie auch. Denn die linke Achillessehne schmerzt seit Monaten. Heilen kann sie während der Trainings- und Wettkampfphasen nicht, Therapien lindern allenfalls. "Ich habe zwar keine Angst, dass die Sehne reißen könnte", sagt sie, "manchmal habe ich aber die Sorge, dass ich nach der Karriere nicht mehr joggen oder wandern kann." Wann sie aufhört, kann oder will sie noch nicht sagen. Die Weltmeisterschaften im kommenden Jahr in Leipzig reizen sie noch.

Querelen im Verband und die Suche nach der geeigneten physiotherapeutischen Betreuung haben sie viel Kraft gekostet. Mehr jedenfalls als die ganzen Auftritte bei Bällen, Pressekonferenzen, Fotoshootings, Talkshows und Podiumsdiskussionen, die sie mit links wegsteckt. In der Grundschule Dellbrück liest sie vor, in Berlin trägt sie den DFB-Pokal ins Olympiastadion, sie begleitet die Fußball-Nationalmannschaft, ihre guten Kontakte nach China und die Sprachkenntnisse setzt sie gewinnbringend ein, unter anderem im Auftrag der Unternehmensberatung des früheren SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping. Sie ist Patin fürs Ehrenamt, fürs Lesen und engagiert sich in einer Kampagne gegen Krebs.

Doch in diesen Wochen gilt ihre Konzentration fast ausschließlich dem Sport. Sie will in Rio de Janeiro auf die Planche. Sie wäre mal wieder die Hoffnungsträgerin des kriselnden Deutschen Fechter-Bundes, dessen Mannschaften in der Qualifikation reihenweise gescheitert sind. Gleich am ersten Tag der Spiele kämpfen die Degenfechterinnen um die Medaille. Und dann folgt für Heidemann schon der nächste Wettkampf. Sie bewirbt sich um einen Platz im Internationalen Olympischen Komitee, im Weltparlament des Sports.

Die in Rio aktiven Sportler wählen aus einem Kreis von 24 Kandidaten vier in die IOC-Athletenkommission. Die Degenfechterin dürfte dank ihrer Bekanntheit, ihres Charmes und ihrer Sprachkenntnisse gute Chancen auf die Nachfolge ihrer nach acht Jahren ausscheidenden Disziplinkollegin Claudia Bokel in diesem Gremium zu haben.

Heidemann, sonst selten um konkrete Auskünfte verlegen, eiert etwas herum, wenn sie auf das Thema angesprochen wird. Denn Wahlkampf dürfen die Bewerber laut IOC-Statuten erst zwei Monate vor Beginn der Spiele, also ab Anfang Juni, machen. Und mit welchen öffentlichen Kommentaren fängt Wahlkampf denn an?

(bei)
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