Vorwürfe gegen junge Reiter Alkohol-Affäre trübt Start der Reit-WM

Düsseldorf/Tryon · Am Mittwoch beginnen die Weltreiterspiele in den USA. Das deutsche Team hat Medaillen im Visier – zunächst aber mal das dringende Ansinnen, über den Sport raus aus den Schlagzeilen um die Skandale junger Reiter zu kommen.

 Isabell Werth geht mit Bella Rose in Tryon an den Start.

Isabell Werth geht mit Bella Rose in Tryon an den Start.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Es ist anders als sonst, das weiß Dennis Peiler natürlich. Wo der Chef de Mission des deutschen Teams bei den Reiterspielen im US-amerikanischen Tryon noch vor anderthalb Wochen davon ausgehen konnte, Fragen nach Medaillenzielen beantworten zu müssen, steht vor dem WM-Start nun ein anderes Thema im Mittelpunkt: Die unlängst im „Spiegel“ thematisierten Alkoholexzesse, Sachbeschädigungen und Vorwürfe um sexuelle Übergriffe im Lager der jungen Reiter sind mit hinüber in die Staaten geschwappt. „Das ist ein belastendes Thema für den Verband“, sagte Peiler „Das ist leider eine Begleiterscheinung dieser WM. Wir hätten uns lieber zu 100 Prozent auf den Sport konzentriert.“

Das ist natürlich auch nach wie vor das Ziel des Nationalteams, das bis zum 23. September in insgesamt acht Disziplinen in North Carolina an den Start geht. Doch nebenbei müssen die Sportler und ihre Entourage eben auch das ramponierte Image ihrer Sportart durch Erfolge und gesittete Auftritte aufbessern. Plötzlich könnte jedes Glas Wein zum Politikum werden, plötzlich droht selbst eine mögliche Sektdusche auf dem Podium einen Unterton zu bekommen. Selbst wenn Peiler fast schon ein wenig trotzig WM und Krise daheim zu trennen versucht – die Krise bei den Nachwuchsreitern, die bei den deutschen Jugend-Meisterschaften am Wochenende zu Alkoholkontrollen geführt hatte. „Wir werden sicher nicht den Wein zum Abendessen verbieten“, sagte Peiler, der selber keinen Alkohol trinkt und Apfelschorle bevorzugt. „Obwohl das für den Verband eine belastende Situation ist, bin ich davon überzeugt, dass dies keinerlei Auswirkungen auf die Leistungen haben wird.“

Der Tenor, den die deutsche Equipe vermitteln will, lautet in jedem Fall: Lasst uns aus dem Fehlverhalten einiger nicht unsere ganze Sportart in Misskredit bringen. Und so ist der Druck diesmal vielleicht noch ein bisschen höher, über die Macht der Bilder siegreicher Reiter die Themenhoheit zurückzugewinnen. Neben dem Distanzreiten, dem Reining aus dem Westernreiten, der Para-Dressur, dem Voltigieren und dem Fahren stehen naturgemäß die drei olympischen Reitdisziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit im Fokus. Die Dressurreiter machen den Anfang, angeführt von Isabell Werth wollen sie im Optimalfall Doppelgold verbuchen – im Einzel wie im Team. Und läuft alles normal, führt der Weg über den WM-Titel auch nur über die Schützlinge von Bundestrainerin Monica Theodorescu. Werth hat ihre Wunderstute Bella Rose in den USA am Start. Der sechsmaligen Olympiasiegerin und Mannschafts-Olympiasieger Sönke Rothenberger mit Cosmo werden die besten Chancen im Einzel eingeräumt.

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Foto: dpa, frg fpt

Die Springreiter, die mit ihrem rundum erneuerten und vor allem verjüngten Team beim CHIO in Aachen im Juli eine vielbeachtete Generalprobe feiern konnten und in der Soers den Nationenpreis gewannen, sind in der zweiten WM-Woche an der Reihe. Bundestrainer Otto Becker nominierte Simone Blum (29), Laura Klaphake (24) und Maurice Tebbel (24), einzig Routinier Marcus Ehning (44) verfügt über WM-Erfahrung. Für Becker jedoch kein Problem. „Unser Ziel ist ganz klar eine Medaille“, sagte er schon vor dem CHIO. Interessant wird zu beobachten sein, wie Klaphake mit dem Hype umgegangen ist, der sich nach den Erfolgen von Aachen um ihre Person entwickelt hatte. Außerdem ist ungewisse, wie lange sie noch ihr Top-Pferd Catch me if you can zur Verfügung hat. US-Milliardär Bill Gates hatte im Juli ein erstes Angebot über acht Millionen Euro abgegeben, das Besitzer Paul Schockemöhle erst einmal abgelehnt hatte.

Die erfolgsverwöhnten Vielseitigkeitsreiter müssen in Tryon auf ihren Besten verzichten: Doppel-Olympiasieger Marcus Jung fehlt wegen einer Erkrankung seiner Stute Rocana. „Für unser Team ist das natürlich ein ganz herber Verlust“, sagte Bundestrainer Hans Melzer. Nun ruhen die Hoffnungen auf Europameisterin Ingrid Klimke und Aachen-Siegerin Julia Krajewski.

Deutsches Minimalziel ist die Qualifikation für die olympischen und die paralympischen Spiele. Die Teams in der Dressur, in der Vielseitigkeit und im Springen müssen dafür unter die ersten sechs kommen, die Mannschaft in der Para-Dressur unter die Top drei. Vor vier Jahren in Caen war Deutschland in den olympischen Disziplinen die erfolgreichste Nation. (mit dpa&sid)

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