Star-Pferd Acatenango Ein Hengst wie kein anderer

Düsseldorf · Derzeit läuft zum 60. Mal die Wahl zum "Galopper des Jahres". Der größte Name dieser ältesten Abstimmung im deutschen Sport gehört Acatenango. Der langjährige Gestütsleiter erinnert sich an seinen Star-Vierbeiner der 1980er.

 Deutsches Derby in Hamburg-Horn 1985: Der Sieger, Jockey Andrzej Tylicki auf Acatenango, dahinter Jockey Georg Bocskai auf Lirung, beide vom Gestüt Fährhof.

Deutsches Derby in Hamburg-Horn 1985: Der Sieger, Jockey Andrzej Tylicki auf Acatenango, dahinter Jockey Georg Bocskai auf Lirung, beide vom Gestüt Fährhof.

Foto: Imago

Es gibt Namen, die entwickeln irgendwann mehr Strahlkraft als die Sportart, die ihre Träger betreiben. Bernhard Langer kennen auch Menschen, die mit Golf nichts anfangen können. Auch wem Skifahren ein Graus ist, kann mit dem Namen Markus Wasmeier etwas anfangen. Und wenn ein Gespräch auf den Galoppsport kommt, können viele zumindest mit einem Wort glänzen: Acatenango. Moderator Adi Furler verankerte den Namen des Hengstes in den 1980ern über die Sportschau in den deutschen Wohnzimmern. Und wenn dieser Tage zum 60. Mal der Galopper des Jahres gewählt wird, ist Acatenango immer noch der bekannteste Gewinner. Er gilt hierzulande bis heute als eines der besten Rennpferde der Nachkriegszeit, für viele ist er das beste. Ein Hengst wie kein anderer.

Herbert Kahrs kannte den Fuchshengst so gut wie kein anderer. Kahrs war dabei, als Acatengo im April 1982 auf die Welt kam, und Kahrs war da, als er im April 2005 eingeschläfert werden musste. Der 69-Jährige arbeitete 41 Jahre lang auf dem Gestüt Fährhof des bekannten Bremer Kaffeehändlers Walter Jacobs. Ab 1980 war Kahrs Gestütsleiter. "Acatenango war mein Lieblingspferd, er war zu jeder Herausforderung bereit", erinnert er sich im Gespräch mit unserer Redaktion. Allein der Name Acatenango, nach dem gleichnamigen Berg in Guatemala, versprach Tempo und Extravaganz. Und so war sein Träger auch. "Er war ein Vorzeigefohlen, eine richtige Erscheinung", sagt Kahrs.

Doch als Jährling war Acatenango plötzlich nicht mehr der Schönste auf dem Hof. Lirung stahl ihm die Show, er war größer und ein bunter Fuchs. Beide Pferde waren ein Jahrgang, beide wurden von Heinz Jentzsch trainiert, und beide schrieben die Geschichte der 1985er Auflage des Deutschen Derbys der Dreijährigen in Hamburg-Horn. Lirung mit Jockey Georg Bocskai war Favorit, aber ihm gingen auf der Zielgeraden der 2400-Meter-Strecke die Körner aus, so dass Jockey Andrzej Tylicki auf Acatenango vorbeizog. "Acatenango liebte schnelle Rennen, er ließ sich gerne ziehen, und mit seinem Stehvermögen gewann er dann", sagt Kahrs.

Klar, dass Acatenango 1985 die Wahl zum Galopper des Jahres gewann. Wie auch 1986. Und 1987 noch einmal. Als Drei- und Vierjähriger blieb Acatenango in zwölf Rennen hintereinander ungeschlagen - eine Serie, die nur wenige Pferde vorweisen können. Der Ruhm indes ließ Acatenango kalt, wenn man Kahrs glaubt. "Als Rennpferd hatte er keine Macken, er war eigentlich viel zu ruhig. Er ließ alles mit sich machen, einmal habe ich einen Arbeitsreiter mit Zigarette auf ihm sitzen sehen. Aber im Rennen gab er eben alles." 1,7 Millionen D-Mark erlief Acatenango insgesamt als Gewinnsumme in seiner Karriere. "Ich würde ihn heute gerne rennen sehen, vor allem auch im Ausland", sagt Kahrs. Heute, da die Transportmöglichkeiten für Rennpferde ganz andere sind als in den 80ern. So zog sich Lirung 1987 eine Infektion zu, als er auf dem Weg zu einem Rennen in Italien wegen eines Streiks der Zöllner an der Grenze lange warten musste. Wenig später starb er an den Folgen.

Acatenango dagegen startete nach seiner Karriere auf der Rennbahn eine zweite in der Zucht. Und das ähnlich erfolgreich. Unter seinen Nachfahren befinden sich in Lando (1993), Borgia (1997) und Nicaron (2005) drei weitere Derbysieger. "Auch seine Töchter haben einen Schuss Acatenango-Männlichkeit mitbekommen. Das merkt man", ist sich Kahrs sicher. Wobei er bei Acatenango einen gewissen Wechsel der Persönlichkeit mitbekommen hatte - vom Renn- zum Zuchtpferd. "Später im Deckbetrieb war er der Pascha. Als Deckhengst stand er so senkrecht, er konnte fast über die Dachrinne gucken", sagt Kahrs. Seine Gene waren entsprechend begehrt: Für Acatenangos Dienste musste schon bei der Anmeldung 12.000 Mark bezahlt werden.

2004 ging er schließlich in Ruhestand. Mit 22. Doch die wohlverdiente Altersruhe konnte er nur ein Jahr lang genießen. Nach einem Sturz auf dem heimischen Gestüt musste Acatenango eingeschläfert werden. "Als er starb, hat mich das schon lange beschäftigt", gibt Kahrs zu, der seinerseits 2011 in Rente ging. "Die Arbeit mit ihm war nie eine Spielerei, dafür war er zu schlau."

Noch heute erinnert ein Gedenkstein auf dem Fährhof an seinen bekanntesten Bewohner. An einen Namen, der für viele für eine ganze Sportart steht.

Die Wahl zum Galopper des Jahres 2017 läuft noch bis zum 15. März. Die Abstimmung finden Sie unter: www.galopper-des-jahres.com

(klü)
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