Größte Aufholjagd der Segelgeschichte America's Cup soll günstiger werden

San Francisco/Düsseldorf · Die Mannschaft aus den USA verteidigt den America's Cup dank einer eindrucksvollen Fahrt im letzten Rennen. Am Ende fehlen den Herausforderern aus Neuseeland rund 700 Meter zum sicher geglaubten Sieg.

Frenetischer Applaus, knallende Sektkorken und ein Konzert aus Schiffssirenen begleiten das wohl unglaublichste Comeback der Segelsportgeschichte am völlig überfüllten Pier 27 in San Francisco. James Spithill, Skipper des US-Teams Oracle, reckt die 17 Kilogramm schwere und knapp ein Meter große Silberkanne, die Trophäe des America's Cup, in die Höhe und erklärt: "Wir haben in den Lauf eines Gewehrs geguckt und nicht einmal gezuckt."

Wohl wahr: Einen praktisch aussichtslosen Rückstand von 1:8 verwandelten die Amerikaner in einen hauchdünnen 9:8-Sieg und hinterließen damit eine gedemütigte Segelnation Neuseeland. Mit 44 Sekunden (rund 700 Meter) Rückstand kam der geschlagene Herausforderer ins Ziel.

Das spektakuläre und mit 19 Rennen längste Finale in der 162-jährigen Geschichte der Segelregatta steht jedoch in einem Widerspruch zum restlichen Verlauf des Wettbewerbs. Vor Beginn des Duells zwischen Neuseeland und den USA galt die Veranstaltung als gescheitert. Es gab kleine (die Italiener boykottierten Rennen) und große (Renndirektor Iain Murray änderte in Eigenregie die Regeln) Skandale, dazu eine Tragödie (der Brite Andrew Simpson vom schwedischen Team Artemis kam bei einem Trainingsunfall am 9. Mai ums Leben). Die Folge: Zu den Ausscheidungsrennen kamen kaum Zuschauer.

Nur drei Teams reisten an

Noch dazu schreckten viele Teams die hohen Kosten von bis zu 100 Millionen Dollar für die Teilnahme ab. Statt wie erhofft elf bis 15 Mannschaften kamen deshalb nur drei Teams aus Italien, Schweden und Neuseeland nach San Francisco. Sie konnten sich das kostspielige Spektakel leisten. Am Ende kämpfte somit ein reicher David (Neuseeland, Budget: 84 Millionen Dollar) gegen einen noch reicheren Goliath (USA, 200 Millionen Dollar).

Hinter Oracle steht der umstrittene Segel-Mäzen Larry Ellison, der mit einem geschätzten Vermögen von rund 40 Milliarden Dollar den Showdown erst ermöglichte. Der Software-Entwickler sorgte in den vergangenen Jahren dafür, dass der Segelsport zur Formel 1 auf dem Wasser hochgejazzt wurde. Denn die 22 Meter langen und 14 Meter breiten Katamarane haben weniger mit Bootsbau gemeinsam als mit der Konstruktion von Flugzeugen. Sie erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 75 Kilometer pro Stunde. Die Segler tragen Pilotenhelme mit Sprechfunk. Der Einsatz auf dem Wasser ist gefährlich, schnell und hochspektakulär. Mit anderen Worten: Er ist medientauglich.

Dementsprechend verfolgte fast die Hälfte der 4,4 Millionen Neuseeländer das Geschehen am Fernseher. Sie erlebten mit, wie sich die Amerikaner wegen einer Manipulation an ihrem hochgezüchteten 72-Fuß-Katamaran vor dem Start eine Strafe von zwei Punkten einbrockten. Die Herausforderer aus Neuseeland dominierten danach die erste Hälfte der Wettfahrten. 8:1 lautete das Zwischenergebnis nach einer Woche, den "Kiwis" fehlte ein Sieg zum dritten Triumph nach 1995 und 2000. Doch mit jedem Tag, den der Cup länger dauerte, behob der Titelverteidiger weitere Defizite an seinem Boot. In einem dramatischen Finale holte das US-Team den entscheidenden neunten Punkt.

Was bleibt vom 34. America's Cup? Die Erinnerung an eine spektakuläre Aufholjagd und an sündhaft teure Katamarane. Im nächsten Jahr soll deshalb mit billigeren Booten gesegelt werden — damit sich mehr Teams an den Rennen beteiligen können.

(RP)
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