CSU-Chef Zweifel an Seehofer wachsen

Berlin · Vor der wichtigen Klausur gilt der CSU-Chef selbst im Präsidium als angeschlagen.

Kurz vor der CSU-Vorstandsklausur zur Aufarbeitung der Stimmenverluste bei der Europawahl spitzt sich die Kritik am Vorsitzenden Horst Seehofer zu. "Die Dämmerung hat irreversibel begonnen", sagte ein Präsidiumsmitglied unserer Zeitung zur Zukunft des Parteichefs. Dieser sei "angeschlagen wie Edmund Stoiber Ende Oktober 2005", als er seinen Job als Superminister in Berlin hinschmiss. Anderthalb Jahre später war die Ära Stoiber Geschichte.

Tatsächlich brodelt es gewaltig. An der CSU-Basis hat sich eine Gruppe "Konservativer Aufbruch" gebildet. Ihr "Manifest"macht Stimmung gegen Seehofer: "Wir wollen keine Parteiführung, die die Grundwerte der Union opfert, um sich den jeweils wechselnden medialen Stimmungslagen anzupassen."

Bereits kurz nach dem für christsoziale Verhältnisse verheerenden Absacken um fast acht Prozentpunkte auf 40,5 Prozent hatte sich der ehemalige Parteichef Erwin Huber zu Wort gemeldet: "Die Zeit der einsamen Ansagen ist vorbei", lautete seine Drohung in Richtung eines wankelmütigen Seehofer. Deutlicher wurde nun auch CSU-Spitzenkandidat Markus Ferber, indem er als "Wahrnehmung der Bürger" die Beschreibung lieferte: "Wenn genügend Druck auf den CSU-Chef aufgebaut wird, springt Seehofer schon."

Aus Ferbers Sicht setzt Seehofer auf die falschen Themen: "Mütterrente oder Ausländermaut sind keine Kernanliegen Bayerns." Ins selbe Horn stößt Ex-Agrarminister Hans-Peter Friedrich. Seit Jahren sei der Kampf gegen die "kalte Progression" bei der Steuer Sache der CSU gewesen. "Unsere Wähler verstehen nicht, warum sich die CSU in Berlin auf einmal nicht mehr dafür einsetzt", kritisierte Friedrich.

Zunächst sollte Verkehrsminister Alexander Dobrindt seine Maut-Pläne bei der fünfstündigen Vorstandsklausur am Samstag erläutern. Nach Lektüre des Papiers soll Seehofer Dobrindt umgehend belobigt haben. Als aber der Eindruck entstand, als wolle er mit dem Thema nur ablenken, drängte er es wieder von der Tagesordnung: "Ich will nicht, dass man etwas zudeckt", erklärte Seehofer. Es gebe "keinen Anlass zum Taktieren". Offensichtlich wächst seine Nervosität.

Das hat auch mit seiner Personalie Peter Gauweiler zu tun. Er hatte ihn zum Parteivize gemacht und damit einen scharfen Anti-Europa- und Anti-Auslandseinsätze-Kurs gestärkt. Dagegen regte sich massiver Widerstand auch in der CSU.

(may-)
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