Berlin Zuspruch zu Gaucks Islam-Satz

Berlin · Mit seiner Distanzierung vom Islam-Verständnis seines Vorgängers ist Bundespräsident Joachim Gauck überwiegend auf Zustimmung gestoßen. "Gauck hat eindeutig die richtigen Worte gefunden", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Zuvor hatte sich Gauck von der Einschätzung seines Vorgängers, der Islam gehöre inzwischen zu Deutschland, abgesetzt. "Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland", betonte Gauck.

"Ich kann keinen wirklichen Unterschied zwischen dem richtigen Satz von Wulff und dem ebenso richtigen Satz von Gauck erkennen", sagte Grünen-Chefin Renate Künast unserer Zeitung. Entscheidend sei die Quintessenz beider Äußerungen, und die laute: "In unserem Land werden alle respektiert, die seine Freiheiten schätzen und seine demokratischen Werte teilen – egal, welcher Religion sie angehören und welchen Glauben sie praktizieren." Sie sei froh, dass Gauck diese Grundhaltung so deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Grünen-Parteichef Cem Özdemir reagierte dagegen mit Unverständnis. Die Differenzierung zwischen Islam und gläubigen Muslimen sei nicht nachvollziehbar.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Aydan Özoguz gab Gauck in dem Punkt Recht, dass die akademische Auseinandersetzung mit dem Islam in Deutschland viel zu lange gefehlt habe. "Denn seit nunmehr sechs Jahrzehnten gilt in großen Teilen unseres Landes immer noch, was einst in den bilateralen Gastarbeiterabkommen festgehalten wurde: Für die religiöse Betreuung sind die Entsendeländer selbst zuständig", sagte Özoguz unserer Zeitung. Deshalb gebe es auch heute noch Imame, die kein Deutsch sprächen und viele Moscheen, die sich selbst national zuordneten. "Diesen Zustand gilt es zu überwinden, um den nächsten Generationen mehr Halt und eine bessere Verortung in Deutschland zu bieten", betonte Özoguz. "Wenn uns dies gelingt, wird es auch irgendwann keine Frage mehr sein, dass auch die Religion der Muslime – also der Islam – zu Deutschland gehört. Und dass man sich nicht per se davor zu fürchten braucht."

Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, kommt zu einer ähnlichen Definition wie Gauck – aber in Anklang an Wulff: "Durch die Menschen muslimischen Glaubens, die in unserem Land leben, gehört der Islam als Lebenswirklichkeit zu Deutschland", sagte er unserer Zeitung. Es bleibe aus diesem Grund "unsere gesellschaftliche Aufgabe, Integration sowie friedliches und respektvolles Zusammenleben zu praktizieren", betonte Schneider.

(RP)
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