Washington/Jerusalem Zu Hause wartet der Haushalt

Washington/Jerusalem · Donald Trump gedenkt der Opfer des Holocaust und schreibt einen eigenwilligen Eintrag ins Gästebuch von Yad Vashem. Das Weiße Haus hat gleichzeitig den ersten Haushaltsentwurf vorgestellt - ein Angriff auf Sozialprogramme.

Während Donald Trump in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem der Opfer des Holocaust gedachte, ging es zu Hause ans Eingemachte. Das Weiße Haus hat einen Haushaltsentwurf vorgestellt, bei dem Sozialprogramme unter die Räder kommen, die seit den 60er Jahren zur Grundausstattung des amerikanischen Staatswesens gehören.

Vor allem an Medicaid, ein Programm, das Geringverdienern nahezu kostenlos Arztbesuche ermöglicht, wird die Axt angelegt. In den nächsten zehn Jahren sollen die Ausgaben dafür um zwölf Prozent gekürzt werden, in absoluten Zahlen sind das rund 800 Milliarden Dollar. Wie das Budgetbüro des US-Kongresses schätzt, könnten allein dadurch etwa zehn Millionen Bedürftige ihre medizinische Versorgung verlieren.

Auch bei Essensmarken, für Ärmere unentbehrlich, um nicht Hunger zu leiden, will die Regierung kräftig sparen - 193 Milliarden Dollar im Laufe der kommenden Dekade, ein Minus von 29 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau. Dabei sind die "Food Stamps" für viele ein Rettungsanker: Nach dem Crash der Finanzkrise halfen sie auch abgestürzten Mittelschichtenfamilien, über die Runden zu kommen. Im vergangenen Jahr wurden 44 Millionen Menschen so ganz oder teilweise mit Nahrungsmitteln versorgt.

Zudem plant das Kabinett Trumps, Subventionen für Studentenkredite um 143 Milliarden Dollar zusammenzustreichen. Wer ein College besuchen will, muss angesichts exorbitanter Studiengebühren im Regelfall ein solches Darlehen aufnehmen. Die steuerfinanzierte Erwerbsunfähigkeitsrente soll mit 72 Milliarden Dollar weniger auskommen. Unangetastet bleiben dagegen die staatliche Rente (Social Security) sowie Medicare, ein Programm, das die Gesundheitsversorgung von Senioren sichert. Der Verteidigungsetat soll wiederum wachsen; in die Modernisierung maroder oder veralteter Straßen, Brücken und Flughäfen soll zusätzliches Geld fließen. Schließlich ist staatlich bezahlter Elternurlaub von vorerst sechs Wochen geplant. Ivanka Trump, die älteste Tochter des Präsidenten, hatte dafür plädiert.

Der Budgetdirektor des Weißen Hauses verkauft die Skizze als eine Blaupause ganz im Sinne des Steuerzahlers. "Dies ist seit Langem das erste Mal, dass eine Administration einen Haushalt durch die Brille der Leute sieht, die tatsächlich Steuern zahlen", sagt Mick Mulvaney. Chuck Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat, spricht dagegen von vergessenen Versprechen. Trump habe der Arbeiterschaft den Rücken zugekehrt, nachdem sie ihm ins Oval Office geholfen hatte.

Tatsächlich ist noch längst nicht beschlossene Sache, was Mulvaney an Zahlen präsentiert - ist es doch allein die Legislative, nicht die Exekutive, die über die Staatsausgaben bestimmt. Meist werden die Vorschläge der Regierung gründlich zerpflückt, bevor das Parlament sie verabschiedet. Zumal in diesem Fall manches darauf hindeutet, dass Trumps Riege mit falschen Prämissen arbeitet.

Die massiven Steuersenkungen, die parallel zu den Ausgabenkürzungen noch dieses Jahr Gesetzeskraft erlangen sollen, sind nach Ansicht von Experten nicht seriös gegenfinanziert. Laut David Stockmans, des Budgetdirektors Ronald Reagans, reicht selbst das Sparpaket nicht aus, um das Defizit in den Griff zu kriegen. Zum einen gehören Medicare, Social Security und Verteidigung, die drei großen Posten, die nicht angetastet werden, mit den Zinszahlungen des Bundes zu den dicksten Haushaltsbrocken. Zum anderen müsste die US-Wirtschaft um mindestens drei Prozent pro Jahr wachsen, soll die Rechnung aufgehen. Und das kontinuierlich.

"Ich sehe das nicht, nicht einmal annähernd", meint Stockman. Der Rezession im Zuge der Finanzkrise seien acht Jahre Aufschwung gefolgt. Dass dieser noch jahrelang andauere, ohne von einer Rezession unterbrochen zu werden, widerspreche allen Erfahrungen.

(RP)
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