Zeuge: Sperre war eine Ursache

Der Düsseldorfer Jörg Pilzweger sieht die Absperr-Politik der Polizei als eine der Ursachen für das Duisburger Desaster. Der 44-Jährige war am Samstag mit seiner 17-jährigen Tochter Annika auf der Loveparade unterwegs. Gegen 16 Uhr hatten die beiden genug von der Party und wollten den Platz verlassen. Auf der Rampe, die in den Tunnel führt, kaufte sich die 17-Jährige noch eine Brezel, bevor sie mit ihrem Vater weiterlief. "Bis dahin gelangten die Leute noch bequem herein und heraus", berichtet Pilzweger. Zu dem Zeitpunkt sah er keinen Anlass zu größerer Eile. "Plötzlich jedoch, gegen 16.15 Uhr, bildeten die Polizisten eine Kette, hielten sich gegenseitig an den Händen fest und sperrten so den Zu- und Abgang."

Pilzweger und seine Tochter standen nur drei Meter von den Beamten entfernt. Hinter ihnen stauten sich immer mehr Menschen, die vom Gelände wollten, vor ihnen riss der Nachschub an Besuchern, die auf das Gelände wollten, nicht ab. "Auf beiden Seiten verdichtete sich die Masse", erinnert sich Pilzweger, "und es wurde für uns allmählich bedrohlich." Der Düsseldorfer sprach einen der Polizisten in der Kette an, fragte ihn, warum gesperrt werde, und wies ihn darauf hin, dass die Situation langsam gefährlich werde. "Die Antwort lautete lapidar: ,Das müssen Sie mit meinem Vorgesetzten besprechen'."

25 bis 30 Minuten dauerte die Sperrung laut Pilzweger; dann rückten die Beamten sehr schnell zur Seite ab. "Jetzt standen sich zwei Menschenmengen gegenüber, die ein unterschiedliches Ziel hatten – die einen wollten rein, die anderen raus", erzählt der 44-Jährige. Sofort wurde von hinten geschoben und von vorne gedrückt. Er habe seine Tochter halten müssen, damit sie nicht wegkippt. "Durch die Polizeikette ist ein Pfropfen entstanden, der sich nicht auflösen konnte", sagt Pilzweger. Weil er weit vorne an der Absperrung stand, kam er irgendwie durch, registrierte aber noch, dass hinter ihm Menschen stürzten. Andere hätten versucht, über Stahlmasten aus dem verstopften Rampenbereich zu klettern. Pilzweger und seine Tochter kämpften sich durch den Tunnel, bekamen von den Toten nichts mit.

"Als wir draußen waren, bin ich zu einem Polizeiwagen und habe den Beamten gesagt, sie müssten etwas gegen die gefährliche Situation tun. Sie haben nicht reagiert." Sein Fazit: Ohne die Sperrung hätten sich die hinein- und hinausströmenden Besucher arrangiert.

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