Prag Zeman wird tschechischer Präsident

Prag · Der frühere Ministerpräsident Milos Zeman (68) hat die erste Direktwahl des Präsidenten in Tschechien gewonnen. Der Vollblutpolitiker mit Hang zu scharfen Bonmots erzielte bei der Stichwahl am Freitag und Samstag 54,8 Prozent der Stimmen. Damit schlug Zeman den konservativen Herausforderer und amtierenden Außenminister Karel Schwarzenberg (75) unerwartet klar. Der Adelige kam nur auf 45,19 Prozent, wie das Statistikamt in Prag bekannt gab.

Der bisherige Amtsinhaber und scharfe EU-Kritiker Vaclav Klaus durfte nach zehn Jahren auf dem Prager Hradschin nicht mehr antreten. Im Gegensatz zu Klaus bezeichnet Zeman sich selbst als "Euro-Föderalisten". Er hatte seit Langem angekündigt, die EU-Flagge auf der Prager Burg hissen lassen zu wollen. Das hinderte ihn aber nicht daran, Brüsseler Bürokraten als "Idioten" zu bezeichnen und über den "Brüsseler Moloch" zu schimpfen. Für den Linkspopulisten hatten sich Kommunisten und Sozialdemokraten starkgemacht.

Er wolle die "Stimme aller Bürger" sein, sagte Zeman im nationalen Fernsehen. Als Präsident werde er sich für die "unteren zehn Millionen" einsetzen: "Ich will nicht der Präsident der Mafia-Paten sein, welche die Gesellschaft aussaugen." In dem historischen Urnengang konnten die 8,4 Millionen Wähler erstmals direkt den Präsidenten bestimmen. Der tschechische Präsident hat weitgehend repräsentative Aufgaben, ernennt aber den Regierungschef und die Verfassungsrichter.

Für Zeman bedeutet der Sieg eine Genugtuung, denn vor zehn Jahren hatte er erfolglos für das höchste Staatsamt kandidiert. In einem teils schmutzigen Wahlkampf inszenierte er sich als bodenständiger Volkstribun. "Zeman hat die Tendenz, sehr starke und sehr kontroverse Erklärungen abzugeben und damit sein eigentliches Programm in gewisser Weise zu konterkarieren", sagt der Politologe Jiri Pehe, früher Berater des tschechischen Präsidenten Vaclav Havel. Er könne sich ohne weiteres vorstellen, dass Zeman auf europäischer Bühne unbeabsichtigt die eine oder andere Kontroverse lostritt, meint Pehe.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort