Stuttgart Zeit statt Geld im Metall-Tarifvertrag

Stuttgart · Arbeitnehmer können für Kinder und Pflegefälle ihre Arbeitszeit reduzieren.

Die Tarifparteien der Metall- und Elektroindustrie haben sich in einem wegweisenden Pilotabschluss auf flexiblere Arbeitszeiten und eine Lohnerhöhung geeinigt. "Die IG Metall hat heute einen Durchbruch für eine moderne Arbeitszeitkultur geschafft", sagte Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler. Ab 2019 können Arbeitnehmer, die sich beispielsweise stärker um ihre Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmern wollen, ihre Wochenarbeitszeit auf bis zu 28 Stunden reduzieren. Im Gegenzug erhalten Unternehmen die Möglichkeit, Mitarbeiter auch mit mehr als den üblichen 35 Wochenstunden zu beschäftigen.

Erstmals standen in den Tarifverhandlungen nicht die Lohnerhöhungen im Fokus, sondern die höhere Flexibilität, die sich Arbeitnehmer bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit in Abhängigkeit ihrer Lebenssituation wünschen. "Die Prioritäten der Arbeitnehmer haben sich verschoben. Statt höherer Lohnabschlüsse steht jetzt die ,Work-Life-Balance' im Vordergrund", sagte BayernLB-Analystin Christiane von Berg. Allerdings erhalten die bundesweit 3,9 Millionen Beschäftigten des größten deutschen Industriezweigs auch mehr Geld. Die Tariferhöhung belaufe sich auf 4,3 Prozent sowie mehrere Pauschalen bei einer Laufzeit von 27 Monaten, erklärte IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger.

Dem Tarifabschluss waren Warnstreiks vorausgegangen. Zehntausende Beschäftigte hatten sich an den Ausständen beteiligt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die nun in Baden-Württemberg erzielte Einigung gilt als Pilotabschluss, dem in der Regel alle übrigen Tarifbezirke folgen. Der Chef des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf, erklärte, der Kompromiss sei tragbar, enthalte aber schmerzhafte Elemente.

(rtr)
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