Großer Zapfenstreich für Annegret Kramp-Karrenbauer Ein Western zum Abschied

Annegret Kramp-Karrenbauer war zweieinhalb Jahre Verteidigungsministerin. Der Posten hätte Sprungbrett für noch höhere Regierungsweihen sein sollen. Nun ist die CDU-Politikerin mit einem großen Zapfenstreich verabschiedet worden

 Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Mitte) verfolgt mit Nachfolgerin Christine Lambrecht und Generalinspekteur Eberhard Zorn (links) den Großen Zapfenstreich

Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Mitte) verfolgt mit Nachfolgerin Christine Lambrecht und Generalinspekteur Eberhard Zorn (links) den Großen Zapfenstreich

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Von Holger Möhle

Die Truppe ist noch einmal angetreten. Für ihre ehemalige Chefin, die an diesem Abend bereits seit acht Tagen eine Ministerin außer Diensten ist. Annegret Kramp-Karrenbauer ist nicht mehr Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK) in Friedenszeiten. Aber ein großer Zapfenstreich, das höchste militärische Zeremoniell, das die Bundeswehr zu bieten hat, steht ihr noch zu. Um 17.21 Uhr heißt es: „Frau Ministerin, ich melde, Großer Zapfenstreich zu Ihren Ehren angetreten.“

Die 59 Jahre alte Saarländerin nimmt Abschied von einem Amt, das sie im Sommer 2019 gerne – und da noch mit Hoffnung auf noch höhere Regierungsweihen -- übernommen hat. Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen, die an die Spitze der EU-Kommission nach Brüssel wechselte, und Kramp-Karrenbauer fassten sich am Tag der der Amtsübergabe beinahe ungläubig an den Händen und machten sich Mut: Wird schon, Du in Brüssel, ich in Berlin. Denn eigentlich hatte Kramp-Karrenbauer vermeiden wollen, neben dem CDU-Vorsitz auch noch ein Ministeramt zu übernehmen. Aber dann griff sie doch zu.

Doch Kramp-Karrenbauer kamen die Unwägbarkeiten von politischem Tagesgeschäft und Wahlergebnissen dazwischen. Die CDU-Vorsitzende erklärte im Februar 2020 ihren Rücktritt für den nächsten Bundesparteitag und auch ihren Verzicht auf eine mögliche Kanzlerkandidatur, nachdem sie es zuvor nicht geschafft hatte, die widerspenstige Landes-CDU in Thüringen nach der Landtagswahl und einer Regierungskrise im Freistaat auf Linie zu bringen. Die Aussicht auf möglichen Ehren als Kanzlerin waren vorbei. Doch die CDU-Politikerin machte auch nie einen Hehl daraus, dass sie sich durchaus hätte vorstellen können, zumindest im Amt der Verteidigungsministerin länger zu bleiben. Ihre größte Herausforderung war der überstürzte Abzug auch der deutschen Truppen im August aus Afghanistan, bei der die Bundeswehr Tausende Ortskräfte und deren Familien im Land zurückließ, die nun mühsam und nach zähen Verhandlungen auch mit den Nachbarstaaten Afghanistans in eine sichere Zukunft nach Deutschland gebracht werden müssen.

Kramp-Karrenbauer mag Uniformen, hat sie einmal erzählt. Und so wird ihr der Große Zapfenstreich auch ein inneres Anliegen gewesen sein – in diesem Fall mit ihrer Nachfolgerin Christine Lambrecht an der Seite. Beim Amtsantritt der SPD-Politikerin Lambrecht im Berliner Bendler-Block vor einer Woche hatte Kramp-Karrenbauer für viele überraschend gefehlt. „Ich bin zu diesem Zeitpunkt ja schon keine Ministerin mehr gewesen“, so ihre Begründung. Sie verwies darauf, dass der Ablauf vom Protokoll so festgelegt worden sei.

Aber nun hat das Protokoll für diesen Abend den Rahmen so gewählt, dass natürlich für die ehemalige Verteidigungsministerin Platz ist. Denn um sie geht es ja bei diesem Großen Zapfenstreich. Vor einer Woche hatte die Republik interessiert verfolgt, wie Angela Merkel mit einem vergessenen Farbfilm von Nina Hagen, roten Rosen von Hildegard Knef und einem Kirchenlied geehrt und verabschiedet worden war. Merkel verfolgte die Zeremonie bei Eiseskälte größtenteils sitzend. Ohne erkennbare Rührung oder gar Tränen in den Augen.

Jetzt spielt das Stabsmusikkorps der Bundeswehr die Titelmelodie des Western-Klassikers „Die glorreichen Sieben“. Es ist auch als Dank der früheren Ministerin bei engen Mitarbeitern und Mitstreitern gedacht. Der Soul-Sänger Jackie Wilson bringt Kramp-Karrenbauer mit seinem Lied „Higher and higher“ – als Dank bei Ihrer eigenen Familie. Einmal noch oben, wo sich die langjährige saarländische Ministerpräsidentin doch entschieden hat, ganz aus der ersten und zweiten Reihe der Politik auszusteigen und ihr Bundestagsmandat nicht zu anzutreten, sondern Jüngeren Platz zu machen. Und schließlich hat sich die Ex-Ministerin noch ein Lied gleich zum Einstieg in diesen Zapfenstreich gewissermaßen zur Betriebsmotivation im Großunternehmen Bundeswehr gewünscht: die Melodie zum Thema: „Wir. Dienen. Deutschland.“

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