Kampf um bezahlbaren Wohnraum Immer weniger Sozialwohnungen

Düsseldorf · Die Zahl der Unterkünfte mit Mietpreisbindung ist in NRW innerhalb eines Jahrzehnts stark gesunken, in einigen Kommunen hat sie sich halbiert. Das Land will jetzt Druck machen.

 Haushalte mit geringem Einkommen tun sich angesichts stark gestiegener Mieten immer schwerer, eine bezahlbare Unterkunft zu finden.

Haushalte mit geringem Einkommen tun sich angesichts stark gestiegener Mieten immer schwerer, eine bezahlbare Unterkunft zu finden.

Foto: kn/k.n.

(rky) Während in den großen Städten in Nordrhein-Westfalen die Mieten weiter steigen, ist die Zahl der vermieteten Sozialwohnungen innerhalb von zehn Jahren von 604.000 (2008) auf nur noch 457.563 (Ende 2018) gesunken. Und obwohl immer mehr der günstigen Wohnungen aus der Preisbindung herausfallen, kommen kaum neue Objekte auf den Markt. Wurde 2016 noch für 7621 Wohnungen die Förderung genehmigt, waren es 2019 nur noch 4777.

Dazu kommt: Nach einer Erhebung der NRW-Bank wurden 2019 in 103 der 396 NRW-Gemeinden überhaupt keine neuen Projekte für Sozialwohnungen genehmigt, darunter in Remscheid, Kevelaer, Erkrath, Haan, Meerbusch, Kempen, Niederkrüchten, Viersen, Königswinter und Leverkusen.

Landesregierung, Opposition und der Mieterbund zeigen sich beunruhigt. „Der deutliche Rückgang des sozialen Wohnungsbaus ist ein Zeichen des Versagens der Bauministerin, der Druck auch auf die Mittelschicht wächst im Wohnungsmarkt“, sagte Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. Er forderte die Gründung einer neuen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, die den Kommunen helfen soll, neue Projekte anzuschieben.

„Der Rückgang bei den Projekten ist auf eine verfehlte Förderpolitik des Landes zurückzuführen“, kritisierte Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Mieterbundes in NRW. Die Organisation fordert, die Fördermittel deutlich zu erhöhen und Vermietern einen höheren Tilgungsverzicht anzubieten, damit endlich wieder mehr Sozialwohnungen entstehen. Auch Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) ist alarmiert. Sie will Bürgermeister, deren Kommunen zuletzt keine oder fast keine Förderung beantragt haben, im persönlichen Gespräch zu mehr Aktivität drängen. Außerdem müssten Kommunen mehr Flächen für neues Bauland zur Verfügung stellen. Sie forderte, dass die Rathäuser genügend Experten einstellen, um Bauland auszuweisen und um Bauvorhaben zu genehmigen. Großstädte wie Köln und Düsseldorf erhalten schon länger eigene Förderbudgets, damit vor Ort schneller entschieden werden kann.

Jährlich fallen nach einer Schätzung der SPD rund 13.000 Wohnungen aus der Mietpreisbindung heraus, schätzt die SPD, häufig auch, weil die Eigentümer die aktuellen Niedrigzinsen nutzen, um Förderkredite vorzeitig zurückzuzahlen. Dies führt zu einer schwindenden Bedeutung von Sozialwohnungen: 2008 machten geförderte Mietwohnungen noch 12,6 Prozent der Mietwohnungen in NRW aus, Ende 2018 waren es nur noch 9,3 Prozent. „Die Menschen können sich so immer schlechter gegen steigende Mieten wehren“, sagte Mieterbund-Chef Witzke, „das fördert die soziale Spaltung.“

Der Trend spiegelt sich in vielen Städten wider: Obwohl für Düsseldorf in den vergangenen zehn Jahren die Förderung von 2324 neuen Sozialwohnungen bewilligt wurde, sank ihre Zahl von 24.522 auf 14.856. In Mönchengladbach ging die Zahl im selben Zeitraum um 21 Prozent zurück, in Ratingen um fast 50 Prozent, in Meerbusch um 51,8 Prozent, in Willich um 47,5 Prozent. „In solchen Orten zu wohnen, wird für weniger gut verdienende Menschen immer schwerer“, sagte Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Mieterbundes NRW, „gerade die steigenden Preise für Boden erschweren in solchen Lagen oft neue Projekte für sozialen Wohnungsbau.“

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