Pablo Garcia-Berdoy "Wut der Spanier ist verständlich"

Spaniens Botschafter erwartet, dass sein Land nach der Krise wieder wettbewerbsfähiger wird. Die Deutschen seien dabei das große Vorbild.

Herr Botschafter, Spanien ziert sich, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Vertun Sie wertvolle Zeit?

garcia-berdoy Spanien ist auf dem Weg der Anpassung. Unsere Sparquote steigt, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessert sich, die Konsolidierung der Staatsfinanzen wirkt. Das Tempo stimmt. Leider fressen die hohen Zinsen einen Großteil der Sparmaßnahmen auf. Das ist der Bevölkerung schwer zu erklären.

Ihr Problem sind die hochverschuldeten Banken. Behindern die eine nachhaltige Gesundung des Landes?

garcia-berdoy Wir haben für die Banken in Schieflage Gelder aus dem Rettungsfonds beantragt und teilweise auch erhalten. Die Restrukturierung des Sektors läuft. Vergessen Sie aber nicht, dass unsere Großbanken wie Santander oder BBVA voll funktionsfähig sind. Die Krise betrifft vor allem den Sparkassensektor, der komplett umgebaut wird. Wir rechnen mit Kosten von vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist hart, aber zu schaffen.

Verzweifelt sind die Menschen vor allem wegen der hohen Arbeitslosigkeit. Wundert es Sie da nicht, dass alles noch relativ ruhig ist?

garcia-berdoy Die hohe Arbeitslosigkeit ist unser größtes Problem. Und ich kann verstehen, dass die Menschen wütend werden. Hier haben wir in der Vergangenheit unsere Hausaufgaben nicht gemacht. Die Regierung geht erst jetzt daran, die Reformen, die Deutschland vor zehn Jahren umgesetzt hat, auf Spaniens Arbeitsmarkt einzuführen.

Hat Spanien überhaupt eine Chance angesichts der Schwäche in den Euro-Staaten?

garcia-berdoy Wir sind in der Zeit der Demokratie ein anderes Land geworden. Früher glaubte man, Spanien lebe nur vom Tourismus und der Landwirtschaft. Heute gibt es Firmen wie Zara, Desigual, die Bank Santander, den Mobilfunkanbieter O2 oder den Autozulieferer Gestamp. 60 000 Deutsche arbeiten bei spanischen Unternehmen. Spanien ist in der globalisierten Welt angekommen. Das wird auch nach der Überwindung der Krise wieder sichtbar werden.

Matthias Beermann und Martin Kessler führten das Interview.

(RP)
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