Ohne Gegenkandidaten gewählt Wulff neuer niedersächsischer Ministerpräsident

Hannover (rpo). Christian Wulff ist vom niedersächsischen Landtag zum neuen Minsiterpräsidenten des Bundeslandes gewählt worden.

In geheimer Wahl stimmten in der konstituierenden Sitzung des Parlaments 105 von 183 Abgeordneten für Wulff. Einen Gegenkandidaten hatte der CDU-Politiker nicht.

Die neue Regierungskoalition aus CDU und FDP verfügt über genau 106 Sitze, 91 für die Christdemokraten und 15 für die Liberalen. Die SPD ist im neuen Landtag mit 63 Abgeordneten, die Grünen sind mit 14 Parlamentariern vertreten.

Sparmaßnahmen angekündigt

Nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen hat der neue Ministerpräsident Christian Wulff tief greifende Sparmaßnahmen angekündigt. Die SPD hinterlasse einen immensen Konsolidierungsbedarf und das neue Kabinett werde alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Hannover in seiner ersten Regierungserklärung. Der neue niedersächsische Landtag wählte mit dem 43-Jährigen nach 13 Jahren SPD-geführter Landesregierungen erstmals wieder einen Christdemokraten zum Ministerpräsidenten.

In der konstituierenden Landtagssitzung gut vier Wochen nach dem Erdrutschsieg von CDU und FDP votierten 105 der 181 anwesenden Abgeordneten für Wulff und 76 gegen ihn. Mindestens ein Abgeordneter aus den Reihen der neuen CDU/FDP-Koalition stimmte bei der geheimen Wahl, bei der Wulff keinen Gegenkandidaten hatte, mit Nein. Mit 91 CDU- und 15 FDP-Parlamentariern gehören der neuen Regierungskoalition 106 Landtagsabgeordnete an, die sich alle an der Ministerpräsidentenwahl beteiligten. Ungültige Stimmen oder Enthaltungen gab es nicht.

Nach der Annahme der Wahl berief der neue Ministerpräsident sein Kabinett aus sieben Ministern der CDU und zweien der FDP, das der Landtag mit den Stimmen der neuen Regierungskoalition bestätigte. Als Wirtschaftsminister und stellvertretenden Regierungschef benannte Wulff den FDP-Landesvorsitzenden Walter Hirche, als Innenminister Uwe Schünemann (CDU), als Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), als Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales Ursula von der Leyen (CDU). Zum Wissenschaftsminister berief der neue Regierungschef Lutz Stratmann (CDU), zum Kultusminister Bernd Busemann (CDU), zur Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU), zum Landwirtschaftsminister Hans Heinrich Ehlen (CDU) und zum Umweltminister den Freidemokraten Hans-Heinrich Sander.

Die neue CDU/FDP-Landesregierung wurde am Dienstag vor dem Landtag vereidigt. Zuvor hatte der scheidende Ministerpräsident Sigmar Gabriel als letzte Amtshandlung symbolisch den Schlüssel der Staatskanzlei an seinen CDU-Nachfolger übergeben.

Zu seinem Präsidenten wählte der 15. niedersächsische Landtag Jürgen Gansäuer (CDU). Die Grünen enthielten sich bei der Wahl des Parlamentspräsidenten, weil sie nach einer von CDU und FDP initiierten Geschäftsordnungsänderung keinen Landtagsvizepräsidenten mehr stellen konnten.

Fast zehn Jahre Zeit gehabt

Auf seinen großen Tag, auf seine Wahl zum niedersächsischen Ministerpräsidenten hatte sich Christian Wulff beinahe eine Jahrzehnt lang vorbereiten können. Der heute 43-jährige musste in Niedersachsen drei Mal als CDU-Spitzenkandidat antreten, bis er schließlich bei der Landtagswahl am 2. Februar mit Erdrutschsieg triumphieren konnte. Voraus gegangen waren 1994 und 1998 bittere Niederlagen gegen den Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, bei denen die SPD zwei Mal die absolute Mehrheit der Mandate erreichen konnte.

Ausgerechnet der Ansehensverlust des Bundeskanzlers Schröder gab Wulff dann bei seiner dritten Spitzenkandidatur den nötigen Rückenwind. Bei der Niedersachsenwahl im Februar verfehlten die Christdemokraten die absolute Mehrheit im Landtag nur um einen Sitz und verfügen seither zusammen mit ihrem Wunschpartner FDP über eine komfortable Regierungsmehrheit.

Alte Unsicherheiten abgelegt

Wulff zeigte schon im Wahlkampf, dass er seine lange Vorbereitungszeit auf das Ministerpräsidentenamt genutzt und alte Unsicherheiten abgelegt hatte. Der CDU-Landeschef gab sich nicht als aggressiver Herausforderer, sondern betont staatsmännisch, signalisierte mit Erfolg in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vor allem Verlässlichkeit.

Trotz seiner drei Spitzkandidaturen in Niedersachsen zählt Wulff in der Bundes-CDU zwar mittlerweile zu den Erfahrenen, aber längst nicht zu den Alten. Mit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten ist er der derzeit jüngste deutsche Regierungschef.

Wulff ist gelernter Rechtsanwalt, hat aber frühzeitig die Politik zu seinem Beruf erkoren. Geboren wurde er in Osnabrück, wo er auch zur Schule ging und Jura studierte. In seiner Heimatstadt wohnt er noch heute zusammen mit seiner Ehefrau Christiane, mit der er eine neunjährige Tochter hat. Schon als 16-jähriger trat er in die CDU ein und saß drei Jahre später saß als Bundesvorsitzender der Schülerunion mit Helmut Kohl am Vorstandstisch der Christdemokraten.

Kein begnadeter Redner

Bis Mitte der achtziger Jahre war er Landesvorsitzender der Jungen Union und anschließend CDU-Fraktionschef im Rat seiner Heimatstadt. Als Vorsitzender des CDU-Bezirks Osnabrück-Emsland und Spitzenkandidat konnte er schließlich zum niedersächsischen CDU-Hoffnungsträger avancieren. Den Landesvorsitz übernahm er 1994 drei Monate nach der ersten Wahlniederlage gegen Schröder.

Als Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag machte sich Wulff zunächst als CDU-interner Querdenker, als Wortführer der "Jungen Wilden", bundesweit einen Namen. Seit 1998 sitzt er als stellvertretender Bundesvorsitzender selbst im CDU-Präsidium und hat es nach eigenen Worten nicht mehr nötig, "Anstöße von außen zu geben". Am Ende der Kohl-Ära unterstützte Wulff früh Angela Merkel, beim Streit zwischen Merkel und Stoiber um die Kanzlerkandidatur 2002 hielt er sich jedoch konsequent zurück.

Ein begnadeter Redner war Wulff nie. Er orientierte sich inhaltlich schon früh an neoliberalen Konzepten. Das erleichterte geräuschlose Koalitionsverhandlungen mit den Freidemokraten. Der Abbau staatlicher Aufgaben und Leistungen, mit dem die Koalitionspartner den Landeshaushalt sanieren wollen, wird den niedersächsischen Bürgern nach Wulffs Worten allerdings "einiges zumuten".

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