Florenz Wildschweine pflügen Italiens Kulturlandschaft um

Florenz · Das Wildschwein ist in Italien auf dem Vormarsch, und deshalb in höchster Gefahr. Vor allem in der Toskana können sie ein Lied davon singen. Noch in den 90er Jahren lagen die toskanischen Laubwälder wie verwaist da. Heute tummeln sich in der bei Touristen so beliebten Region hunderttausende Bachen, Keiler und Frischlinge. Von einer halben Million toskanischer Wildschweine ist die Rede. Im ganzen Land sollen es inzwischen über eine Million sein.

Der richtige Umgang mit dem Wildschwein hat sich zu einem umstrittenen Debattenthema entwickelt. Unversöhnlich stehen sich gegenüber: Landwirte und Jäger auf der einen Seite, Tier- und Umweltschützer auf der anderen. Die einen beklagen die Zerstörung ihrer Äcker, Wiesen und Felder. Nicht nur sei etwa das Weinanbaugebiet des Chianti classico in Gefahr, gab jüngst der Direktor des Konsortiums zu bedenken, die gesamte toskanische Kulturlandschaft drohe durch die den Boden umpflügende Schweineschnauzen zu verkommen. Die Toskana, eine Kraterlandschaft.

Dass es sich um ein ernstes Problem handelt, dafür sprechen die 2,5 Millionen Euro Ausgleichszahlungen, die die Region im vergangenen Jahr für durch Wildschweine verursachte Agrarschäden leistete. Italienweit dürfte die Summe im zweistelligen Millionen-Bereich liegen. 2015 wurden 1000 von verirrten Wildschweinen verursachte Verkehrsunfälle auf toskanischen Landstraßen gezählt. Es gab mindestens drei Tote.

Gegen die Wildschweinplage sollen nun recht martialische Maßnahmen ergriffen werden. Drei Jahre lang sollen gelockerte Jagdbestimmungen gelten und auf diese Weise die Hälfte aller toskanischen Wildschweine, also etwa 250.000 Exemplare, niedergestreckt werden. Umweltschützer, Tierfreunde, aber auch einige Kulturschaffende hängten sich daraufhin bei einer Demo in Florenz Wildschweinmasken um, und warnten vor einem "Blutbad" und einer "Massenerschießung".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort