Wikileaks-Gründer soll freikommen

Der Gründer des Internet-Enthüllungsportals Wikileaks, Julian Assange, könnte schon bald wieder auf freiem Fuß sein. Assange müsse eine Kaution hinterlegen, eine elektronische Fußfessel tragen und eine Ausgangssperre beachten, gab der zuständige Richter Howard Riddle nach einem Haftprüfungstermin in London bekannt. Assange war vergangene Woche in der britischen Hauptstadt wegen des Verdachts der Vergewaltigung verhaftet worden.

Als der Australier am Gericht ankam, demonstrierten davor Dutzende Menschen für die "Freiheit des Internets". Auch einige Prominente kamen zur Anhörung: Bianca Jagger, der Filmregisseur Ken Loach, der Historiker Tariq Ali sowie die Milliardärstochter und Unicef-Botschafterin Jemima Khan. Die Wikileaks-Sympathisanten hatten sich darauf geeinigt, Assange aus der Haft freizukaufen. Auch US-Regisseur Michael Moore will 20 000 Dollar beisteuern. Richter Riddle legte die Kaution auf 240 000 Pfund (282 000 Euro) fest.

Assange hatte zur zweiten Anhörung ein Ass aus dem Ärmel gezaubert: Er wurde im Rechtsstreit mit Schweden von einem der berühmtesten Juristen des Vereinigten Königreichs vertreten. Der 64-jährige Kronanwalt Geoffrey Robertson leitete in der Vergangenheit das Kriegsverbrechertribunal der Vereinten Nationen in Sierra Leone. Der bekannte Menschenrechtler hat den Schriftsteller Salman Rushdie gegen den Vorwurf der "Gotteslästerung" verteidigt und zahlreiche Todeskandidaten im Ausland vor der Hinrichtung gerettet. Robertson überzeugte Richter Riddle, dass einer der bekanntesten Menschen der Welt in Erwartung seiner möglichen Überstellung nach Stockholm nicht so leicht untertauchen könnte.

Noch ist Assange nicht frei. Denn Schweden legte Einspruch gegen die Entscheidung ein. Sollte dieser morgen abgelehnt werden, könnte der "gefährlichste Mann der Welt" ("Daily Telegraph") Weihnachten in Freiheit feiern. Als die Nachricht von der baldigen Entlassung am Nachmittag zu den Demonstranten vor dem Gericht in London drang, gab es einen Riesenjubel.

Am Morgen hatte der Internet-Aktivist bereits seinen Kampfgeist unter Beweis gestellt. Nach einer Woche in einer Einzelzelle schwor der Wikileaks-Chef seinen Anhängern: "Ich bleibe meinen Idealen treu und werde mich auch unter diesen Umständen nicht verbiegen." Alles, was geschehen sei, habe seine Entschlossenheit noch gestärkt, diktierte der Australier aus seiner Zelle per Telefon seiner Mutter, die den Text später vor Medienvertretern verlas. Assange kritisierte in seiner Erklärung scharf die Kreditkarten-Unternehmen Visa und Mastercard sowie den Finanzdienstleister Paypal, die keine Spenden für Wikileaks akzeptieren: "Sie dienen den Interessen der US-Außenpolitik. Ich rufe die ganze Welt dazu auf, meine Mitarbeiter zu beschützen."

(Rheinische Post)
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