Washington/London Wikileaks-Gründer: Manning ist ein Held

Washington/London · Während die US-Geheimdienste versuchen, in die Offensive zu gehen, sind neue Geheimdokumente aufgetaucht.

Washington/London: Wikileaks-Gründer: Manning ist ein Held
Foto: GARY CAMERON

Das Urteil gegen Bradley Manning, den Informanten der Enthüllungsplattform Wikileaks, hat bei Internetaktivisten und Menschenrechtlern weltweit Bestürzung ausgelöst. Der 25-Jährige war am Dienstag von einem Militärgericht in 19 von 21 Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Zwar wurde der schwerwiegendste Vorwurf, "Unterstützung des Feindes", fallengelassen und eine Hinrichtung ausgeschlossen. Doch Manning drohen für die übrigen Anklagepunkte, darunter Spionage, bis zu 136 Jahre Haft. Das genaue Strafmaß soll in den kommenden Tagen festgelegt werden.

In London meldete sich Julian Assange zu Wort. Der Mitgründer des Wikileaks-Portals, das Hunderttausende von Manning beschafften Geheimdokumente des US-Militärs und der Regierung veröffentlicht hatte, trat gewohnt theatralisch auf: "Manning war bereit, das Risiko einzugehen, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen, weil er von der Bedeutung der Veröffentlichung überzeugt war", sagte Assange dem Sender CNN. "Wir nennen solche Menschen, die riskieren zum Märtyrer, zu werden, Helden. Bradley Manning ist ein Held." Assange hält sich in der ecuadorianischen Botschaft auf. Schweden verlangt seine Auslieferung in einem Vergewaltigungsverfahren. Assange vermutet jedoch, dass dies nur ein Vorwand sei und er von Schweden an die USA ausgeliefert werden solle.

Mehrere Menschenrechtsgruppen schlossen sich der Kritik an dem Gerichtsurteil an. Es könnte dazu führen, dass weniger Informationen über Fehlverhalten von Regierung und Militär an die Öffentlichkeit gelangen, warnten sie. Die Bürgerrechtsgruppe ACLU warf der US-Regierung vor, gezielt Informanten einzuschüchtern.

Assange sprach von einem "Überwachungsextremismus" der Obama-Regierung. "Bradley Mannings Taten sind eine Reaktion auf diesen Machtmissbrauch", sagte der Wikileaks-Gründer und stellte eine Verbindung zu Edward Snowden her, dem früheren Geheimdienstmitarbeiter, der kürzlich die Spähaktionen der NSA öffentlich gemacht hatte und über China nach Russland flüchtete. "Auch Snowdens Aktion war ein klarer Ausdruck gegen diesen nationalen Sicherheitsextremismus", so Assange.

Der Vater des von den USA gejagten Ex-Geheimdienstlers riet derweil seinem Sohn zum weiteren Aufenthalt in Russland: "Wenn ich er wäre, würde ich in Russland bleiben", sagte Lon Snowden im russischen Staatsfernsehen. Zudem dankte er Kremlchef Wladimir Putin dafür, seinem Sohn Schutz vor den US-Behörden zu gewähren. Er sei stolz auf Edward, betonte Lon Snowden.

Die Enthüllungen des Computerspezialisten beschäftigten gestern den Rechtsausschuss des US-Senats. Kurz vor der Sitzung gaben die US-Geheimdienste weitere Unterlagen über die Überwachungsprogramme frei. Es handelt sich um Berichte aus den Jahren 2009 und 2011 sowie den Beschluss eines Geheimgerichts vom vergangenen April, der Regeln vorgibt, wie die Daten gespeichert und Ermittlern zugänglich gemacht werden sollen. Die teilweise geschwärzten Dokumente legen allerdings nur in groben Zügen dar, wie genau NSA-Mitarbeiter die gesammelten Daten verwenden.

Die britische Tageszeitung "The Guardian" veröffentlichte unterdessen eine weitere Präsentation zu dem Spähprogramm "XKeyscore", wonach der US-Geheimdienst praktisch unbegrenzten Zugriff auf Internetdaten weltweit habe. Geheimdienstmitarbeiter können danach in "enormen Datenbanken" der NSA nach Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Schlagworten suchen. Für die einzelnen Anfragen bräuchten sie keine gesonderte Zustimmung eines Richters.

(maxi/RP)
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