Britisches Paar schwer verletzt Wieder Nowitschok-Vergiftung in Salisbury – Terrorabwehr im Einsatz

London · Der Vorfall erinnert an den Fall Skripal: Bei zwei schwer erkrankten Briten wurde eine Vergiftung durch Nowitschok festgestellt. Die britische Terrorabwehr ermittelt. Unklar ist, ob es einen Zusammenhang gibt.

 Das Harcourt Medical Centre nahe des Tatorts in Salisbury.

Das Harcourt Medical Centre nahe des Tatorts in Salisbury.

Foto: dpa/-

Vier Monate nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal ist bei einem schwer erkrankten britischen Paar ebenfalls der Nervenkampfstoff Nowitschok nachgewiesen worden. Dies teilte die Polizei am Mittwochabend mit. Tests im Labor des britischen Verteidigungsministeriums hätten ergeben, dass das Duo dem gleichen Gift ausgesetzt gewesen sei, das Skripal und dessen Tochter Julia fast ihr Leben gekostet habe, sagte Chefermittler Neil Basu von der Anti-Terror-Abteilung der Londoner Polizei. Ob es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen gebe, sei zwar noch unklar. Doch werde in diese Richtung ermittelt.

Am vergangenen Samstag war ein Paar in einem Wohnhaus im Ort Amesbury bewusstlos zusammengebrochen. Zunächst ging die örtliche Polizei davon aus, dass die 44-jährige Frau und ihr ein Jahr älterer Partner kontaminiertes Heroin oder Crack eingenommen hätten. Doch am Mittwoch war von einem „größeren Zwischenfall“ die Rede. Amesbury liegt 13 Kilometer von der Stadt Salisbury entfernt, wo die Skripals am 4. März vergiftet worden waren. Die beiden Briten liegen in kritischem Zustand in jener Klinik in Salisbury, in dem bis vor kurzem auch der Ex-Spion und dessen Tochter behandelt wurden.

Ob das Paar der gleichen Nowitschok-Ladung ausgesetzt war, die auch gegen den Ex-Spion und dessen Tochter zum Einsatz gekommen sei, sei noch unklar, sagte Ermittler Basu. Ebenso ungewiss sei noch, ob die beiden Briten gezielt ins Visier genommen worden seien. Allerdings gebe es „nichts in deren Werdegang, das dies nahelegen“ könnte, sagte Basu. Derzeit halten sich auch Spekulationen, wonach das Paar durch Rückstande des gegen die Skripals eingesetzten Nervengifts krank geworden sein könnten. Fürs Erste hätten Anti-Terror-Ermittler aber den Fall an sich gezogen, nachdem Nowitschok als ursächliche Substanz identifiziert worden sei, sagte Basu. 100 Beamte seien beteiligt.

Bei Nowitschok handelt es sich um eine Gruppe von Chemiewaffen, die die Sowjetunion während des Kalten Kriegs entwickelte. Die Polizei riegelte in Amesbury und Umgebung ein Wohngebäude und andere Orte ab, die die Briten besuchten, ehe sie erkrankten - etwa eine Kirche und eine Apotheke. Gesundheitsbehörden riefen Anwohner, die sich in der gleichen Gegend wie das Paar aufhielten, zu Vorsichtsmaßnahmen auf. So sollten sie ihre Kleidung waschen.

Premierministerin Minister Theresa May werde über den Fall auf dem Laufenden gehalten, hieß es aus ihrem Büro. Die Angelegenheit werde „verständlicherweise mit der höchsten Ernsthaftigkeit behandelt“. Am Mittwoch trat das als COBRA bekannte Notfallkomitee der britischen Regierung zusammen, für Donnerstag beraumte es ein weiteres Treffen an.

Der Fall Skripal hat für massive Spannungen zwischen dem Westen und Russland gesorgt. London wirft Moskau vor, für den Giftanschlag auf den Ex-Spion und dessen Tochter verantwortlich zu sein. Russland hat die Anschuldigung vehement zurückgewiesen. Die Folge war eine schwere diplomatische Krise in den Beziehungen zwischen Moskau und westlichen Staaten, bei der Hunderte Diplomaten beider Seiten ausgewiesen wurden.

(juju/wer/AP/dpa/AFP/rtr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort