Gekaufte Demonstraten in Donezk und Charkiw? Wie Putin die Ukraine weiter schwächen will

Moskau · Prorussische Demonstranten haben in den ukrainischen Städten Donezk und Charkiw öffentliche Gebäude besetzt. Ukrainische Soldaten griffen ein. Der Kreml warnt feixend vor einem Bürgerkrieg in der Ukraine. Es scheint, als fahre Putin im Osten der Ukraine dieselbe Strategie wie auf der Krim.

Prorussische Aktivisten wollen Unabhängigkeit von Kiew
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Später wird noch verlesen, man wolle ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten. Sollte sich die Regierung in Kiew dem Vorhaben widersetzen, werde man den Kreml bitten, "eine Stabilisierungsmission russischer Truppen" zu senden. "Putin, hilf", rufen die Männer. Draußen wird die ukrainische Flagge eingeholt und durch die schwarz-blau-rote Fahne der "Donezker Republik" und die russische ersetzt. Dann spielt man Russlands Hymne und die "Internationale".

Am frühen Morgen haben die prorussischen Separatisten gestern in Donezk die Kontrolle über die Regionalverwaltung und über das Gebäude des ukrainischen Geheimdienstes SBU übernommen. Auch in Lugansk stürmen Kämpfer die Geheimdienst-Filiale. Nach Berichten ukrainischer Medien eroberten sie auch das Waffenarsenal. In einem Video verkündet die Gruppe mit dem Namen "Vereinter Stab der Armee des Südostens", man werde ein Kontingent bewaffneter Separatisten nach Donezk entsenden.

In der Großstadt Charkiw, russisch Charkow, umzingeln prorussischen Aktivisten eine Gruppe pro-europäischer Demonstranten. Die moskautreuen Maskierten zwingen ihre Gegner zu einer Art Spießrutenlauf: Die Pro-Europäer müssen auf Knien durch einen Korridor rutschen, werden beschimpft, bespuckt und getreten. "Kriecht zu eurem Europa", ruft der Mob. "Charkow ist eine russische Stadt."

Als die prorussischen Demonstranten von den Ereignissen in Donezk hören, stürmen sie auch in Charkiw die Regionalverwaltung. Die Schutzpolizisten vermeiden eine Auseinandersetzung und sehen untätig zu. Später schaltet sich Bürgermeister Gennadi Kernes als Vermittler ein.

Er verspricht den Besetzern, dass einige ihrer Forderungen im Regionalparlament vorgebracht werden sollen. "Die Stadtverwaltung wird hier kein örtliches Referendum ausrufen, dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage", versichert Kernes. Der Stadtoberste, ein Mann aus der Zeit von Präsident Viktor Janukowitsch, hat wegen seiner kriminellen Vergangenheit Einreiseverbot in die EU.

Der ukrainische Interims-Präsident Alexander Turtschinow gibt in einer Ansprache Russland die Schuld an den Auseinandersetzungen: "Gestern begann die zweite Welle der Sonder-Operation Russlands gegen die Ukraine. Ihr Ziel ist es, die Situation im Land zu destabilisieren, die ukrainische Macht zu stürzen, die Wahlen zu verhindern und unser Land in Stücke zu reißen", empört sich Turtschinow. "Die Feinde der Ukraine wollen ein Krim-Szenario wiederholen, aber wir lassen das nicht zu."

Am Dienstag werde das Parlament über höhere Strafen für separatistische und terroristische Aktivitäten entscheiden. Ein Krisenstab sei eingerichtet. Innenminister Arsen Awakow reist nach Charkiw, Vizepremier Vitali Jarema nach Donezk. Dort wird auch die prowestliche Präsidentschaftskandidatin Julia Timoschenko erwartet.

Es gibt viele Anzeichen dafür, dass die Unruhen gezielt von Moskau gesteuert werden. Der ukrainische Geheimdienst SBU gab bekannt, man habe in der Nähe von Lugansk einen russischen Agenten festgenommen, der die Aktionen in der Stadt gesteuert habe. Roman B. (29) sei Staatsbürger Russlands und in einer Kaserne gemeldet, wo eine Aufklärungseinheit der russischen Armee ihren Sitz habe. Er habe eine konspirative Gruppe angeleitet.

(RP)
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