Wie Hitler den Krieg begann

Erika Steinbachs Satz, sie könne es auch nicht ändern, dass Polen im März 1939 mobilgemacht habe, offenbart ein häufiges Grundübel der politischen Debatte über Geschichte: wie Fakten aus dem Zusammenhang gerissen werden. Es ist zwar richtig, dass Polen Ende März 1939 einen Teil seiner Truppen mobilmachte. Entscheidend ist aber, was unmittelbar zuvor geschehen war: Am 15. März waren deutsche Truppen in Prag einmarschiert, am 22. März hatte das Deutsche Reich das Memelland von Litauen annektiert. "Die Polen mussten sich fragen: Sind wir die Nächsten?", sagt Christian Hartmann, Historiker am Institut für Zeitgeschichte in München.

Hitler habe, sagt Hartmann, seit Ende 1938 versucht, Polen zu erpressen – mit Forderungen nach dem Anschluss Danzigs und nach Verkehrsverbindungen durch den polnischen "Korridor" zwischen dem Reich und Ostpreußen. Hitlers Ziel sei es damals gewesen, Polen zum "gefügigen Verbündeten" für den geplanten Lebensraum-Krieg gegen die Sowjetunion zu machen. Das scheiterte, als London und Paris Ende März 1939 die territoriale Integrität Polens garantierten – jetzt war klar: Das "Appeasement" des Westens gegenüber Hitler war beendet; wenn er Polen angriffe, würde es Krieg geben. So geschehen fünf Monate später – am 3. September 1939, zwei Tage nach dem deutschen Überfall auf Polen, erklärten Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg.

Auch wenn daran immer mal wieder herumgedeutelt wird: Die Schuld am Zweiten Weltkrieg liegt einzig bei Deutschland. Darin ist sich die seriöse Forschung einig. Hartmanns Fazit: Steinbachs Satz sei "absolut verantwortungslos".

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