Verunsicherung nach BSE-Fall in Bayerh Werbekampagne für Rindfleisch gestoppt

München (dpa). Einen Tag nach Bekanntwerden des ersten gesicherten BSE-Falls in Bayern machen sich Verunsicherung und Ratlosigkeit breit. Das bayerische Landwirtschaftsministerium stoppte nach eigenen Angaben eine Werbekampagne für bayerisches Rindfleisch. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nannte es am Montag in München besonders bestürzend, dass das kranke Tier von einem Hof mit eigener Aufzucht und artgerechter Tierhaltung stammte. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sah auch nach dem zweiten BSE-Fall in Deutschland keinen Anlass zur Beunruhigung für die Verbraucher.

Am Sonntag hatte sich der BSE-Verdacht bei einem Rind aus Sulzberg im Oberallgäu bewahrheitet. Nach ersten Tests waren wahrscheinlich auch zwei Tiere aus der Oberpfalz an der Rinderseuche erkrankt. Die endgültigen Ergebnisse sollen aber erst Mitte der Woche vorliegen. Bereits Ende November war bei einem Schlachttier in Schleswig- Holstein BSE festgestellt worden.

Stoiber sagte, für die Landwirtschaft im Freistaat sei der BSE- Fall ein "schwerer Schlag". Die BSE-Forschung müsse mit allen Kräften vorangetrieben, die Kontrollen noch weiter verstärkt werden. Das bayerische Kabinett wird sich an diesem Dienstag mit weiteren Konsequenzen befassen.

Im Freistaat gab es im vergangenen Jahr - einschließlich Kälber, Jungrinder, Milchkühe, Bullen und Ochsen - insgesamt mehr als vier Millionen Rinder, bundesweit waren es knapp 14,9 Millionen. Das geht aus dem neuen "Statistischen Jahrbuch für Bayern 2000" hervor. Rund ein Drittel aller deutschen Rinderhalter haben ihren Hof in Bayern.

Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller kündigte in der ARD an, für die BSE-Forschung zwei Millionen Mark zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Zudem sollten die Strafen für diejenigen erhöht werden, die gesetzeswidrig weiterhin Tiermehl ins Futter mischten. Seit einigen Tagen gibt es in Deutschland ein generelles Verbot von Tiermehl, das als ein Überträger des Rinderwahnsinns gilt.

Bauernpräsident Sonnleitner sagte am Montag in der "Passauer Neuen Presse": "Ich habe nie an der Sicherheit unseres Rindfleisches gezweifelt." Der Zeitung sagte Sonnleitner: "Wir essen ja nur das Muskelfleisch, da sind noch nie BSE-Erreger gefunden worden." Der Bauernpräsident erwartete für die deutschen Landwirte "fürchterliche Marktverwerfungen und Einkommensprobleme". Rinderhalter, deren Herden nach einem BSE-Fall notgeschlachtet werden müssten, bekämen aber eine angemessene Entschädigung.

Unterdessen teilte der Oberallgäuer Landrat Gebhard Kaiser der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, dass die Rinder des betroffenen Betriebes im Oberallgäu frühestens am Dienstag getötet werden. Polizisten schirmten den Hof in Sulzberg auch am Montag weiter ab.

Münchner kaufen kaum noch Rindfleisch

Auch die Münchner Metzger hat der bayerische BSE-Schock voll getroffen. Bis zum Mittag ging am Montag auf dem Viktualienmarkt in der Innenstadt so gut wie kein Rindfleisch über die Ladentheken. "Die Kunden wollen Schweinefleisch und Lamm", lautete das einheitliche Echo der Verkäufer. "Um die Verluste beim Rind gut machen zu können, müssen wir hier aber die Preise anziehen", sagte ein Metzger. Seit dem ersten BSE-Fall in Schleswig-Holstein Ende November habe sich das Kilogramm Schweinefleisch um zwei bis drei Mark auf rund 25 Mark verteuert

Verunsichert, aber auch wütend zeigten sich die Verbraucher über die neuen Fälle von Rinderwahnsinn. "Wie konnte man uns seit Jahren erzählen, bayerisches Fleisch sei sicher", klagte ein Kunde. "Jetzt werde ich mit Sicherheit kein Rindfleisch mehr kaufen - hoffentlich ist es nicht zu spät." Über das Qualitätssiegel "Original bayerisches Rindfleisch" an einer Ladentür lästerte ein Passant: "Das sollten die aber schleunigst abhängen."

(RPO Archiv)
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