Nach zweiwöchigen Verhandlungen 193 Staaten einigen sich bei Weltnaturgipfel auf Schutzmaßnahmen

Montreal · Bis zum Jahr 2030 sollen 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden. Darauf haben sich die Teilnehmer der COP15 geeinigt. Auch der Artenschutz soll verstärkt werden.

Delegierte erreichen das Kongresszentrum der COP15 UN-Biodiversitätskonferenz während eines Schneefalls.

Delegierte erreichen das Kongresszentrum der COP15 UN-Biodiversitätskonferenz während eines Schneefalls.

Foto: dpa/Paul Chiasson

Nach rund zweiwöchigen Verhandlungen haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Weltnaturgipfels im kanadischen Montreal auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Darin stellen sich die rund 200 Staaten unter anderem das Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen. Außerdem wollen sie mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgeben.

Zudem soll mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt ausgegeben werden. Dafür sollen unter anderem reichere Länder ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zukommen lassen.

Nach der Verabschiedung brach bei der Plenarsitzung im Kongresszentrum in Montreal, die zuvor immer wieder zeitlich nach hinten verschoben worden war, lauter Jubel aus. Organisatoren, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen hatten bis zuletzt gehofft, dass bei dem Treffen noch ein richtungsweisendes globales Abkommen für den Artenschutz verabschiedet werden kann.

Erste Reaktionen auf den bereits vorher durchgesickerten Entwurf waren durchwachsen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bezeichnete das Papier als „mutig“. Es enthalte „viele Punkte, die in die richtige Richtung weisen“, sagte Lemke. Die Naturschutz-Stiftung WCS hingegen kritisierte beispielsweise, dass der Entwurf nicht ambitioniert genug und viele Ziele seien zu weit in die Zukunft geplant seien. Auch eine Delegation von jugendlichen Teilnehmern kritisierte den „fehlenden Ehrgeiz“ des Dokuments. Über den Entwurf wurde zunächst weiter verhandelt, am Montag sollte das Treffen zu Ende gehen.

Zuvor hatte sich bereits die Umweltstiftung WWF enttäuscht über die bisherigen Ergebnisse des Gipfels geäußert. „Die Lage ist dramatisch. Wichtige Schlüsselelemente des Abkommens sind nach wie vor ungelöst“, sagte der Experte für internationale Politik beim WWF Deutschland, Florian Titze. Von dem Treffen erhofften sich Organisatoren, Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen ein globales Abkommen für den Artenschutz - ähnlich dem Pariser Klimaschutz-Abkommen.

Deutschland und weitere Staaten hatten zuvor zugesagt, ärmere Länder dabei unterstützen zu wollen, nationale Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne umzusetzen. Die Bundesregierung werde insgesamt 29 Millionen Euro für die neue Partnerschaft („NBSAP Accelerator Partnership“) bereitstellen, teilten das Bundesumweltministerium und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Samstag in Berlin mit.

Mit der neuen Partnerschaft „können wir unmittelbar nach Beschluss der neuen globalen Vereinbarung für die biologische Vielfalt mit der Umsetzung starten“, sagte Bundesumweltministerin Lemke, die ebenso wie ihre Amtskollegen aus vielen Ländern für die letzten Gipfeltage nach Montreal gereist war. Dabei sollten alle relevanten Akteure einbezogen werden und Verantwortung übernehmen.

„Die Partnerschaft ist gut und eine wichtige Initiative, um Länder des globalen Südens bei der Umsetzung sofort nach der Verabschiedung des Abkommens zu unterstützen“, kommentierte Titze. Er lobte die deutsche Regierung dafür, dass sie sich dafür einsetze und Geld bereitstelle. „Damit der Mechanismus aber wirksam sein kann, braucht es zunächst ein starkes Abkommen und ausreichende Finanzierung. Beides hängt gerade am seidenen Faden.“

Die Staats- und Regierungschefs stellen Titze zufolge weiter nicht das Geld bereit, das der Größe der Herausforderung entspreche. Der WWF-Experte befürchtet auf der anderen Seite zudem, dass naturzerstörende Subventionen nicht abgeschafft werden. Einigung fehle auch bei der Definition der geforderten 30 Prozent Schutzgebiete an Land und im Meer bis 2030, einem Gipfel-Kernpunkt.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte die Teilnehmer kurz vor Ende des Treffens zu einem ehrgeizigen Abkommen aufgefordert. Man solle keine kleinen Entscheidungen treffen, sondern das Maximum tun, schrieb er am Samstag auf Twitter. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte bereits am Freitag per Videoschalte zum Konsens für einen besseren Artenschutz in der Welt aufgerufen. Ein gesundes Ökosystem sei unverzichtbar für das Wohlergehen der Zivilisation.

Das 15. UN-Treffen zum Naturschutz (COP15) findet unter chinesischer Präsidentschaft statt, jedoch am Sitz des Sekretariats der Biodiversitätskonvention in Montreal. Ursprünglich war der Gipfel für 2020 in China geplant. Er wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben und aufgeteilt. Ein erster Teil fand im Oktober hauptsächlich online im chinesischen Kunming statt, der zweite tagt nun in Montreal.

(msk/dpa)
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