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Analyse Was dürfen Top-Manager verdienen?

Düsseldorf · Die Schweizer wollen Managergehälter scharf begrenzen. Auch in Deutschland ist kein Konzern-Chef 20 Millionen Euro pro Jahr wert. Doch nicht der Staat sollte die Grenzen festlegen, hier sind die Aktionäre gefordert.

Das Fass zum Überlaufen brachte Daniel Vasella: Der Manager sollte vom Schweizer Pharmariesen Novartis 58 Millionen Euro erhalten. Und zwar nicht dafür, dass er kommt, sondern dafür, dass er geht. Die Schweizer Bürger tobten. Am Ende verzichtete Vasella auf das Geld. Doch der Streit über die unangemessene Bezahlung von Top-Managern kam so richtig in Schwung. Die 2008 gestartete "Volksinitiative gegen die Abzockerei" erhielt Zulauf wie nie.

Und weil in der Schweiz zornige Bürger nicht nur demonstrieren, sondern über Volksabstimmungen auch zwischen den Wahlen entscheiden können, hat der Protest konkrete Folgen. Gestern stimmten 68 Prozent der Schweizer der Volksinitiative zu. Damit ist die Schweizer Regierung nun gefordert, die Bezahlung von Top-Managern in börsennotierten Aktiengesellschaften zu reglementieren:

Erstens sollen künftig die Aktionäre auf den Hauptversammlungen jährlich die Vergütung der Vorstände und der sie kontrollierenden Verwaltungsräte festsetzen. (In Deutschland müssen die Gehälter lediglich im Nachhinein veröffentlicht werden.)

Zweitens müssen sich die Verwaltungsräte einschließlich des Präsidenten jährlich der Wiederwahl stellen. (In Deutschland werden die Aufsichtsräte dagegen für mehrere Jahre gewählt.)

Drittens werden Antrittsgelder, Abfindungen und andere Extras verboten. (In Deutschland ist das nicht explizit geregelt. Es gelten nur allgemeine Untreue-Paragrafen. Entsprechend kompliziert können die Prozesse sein, wie die juristische Schlacht um die Abfindung für den früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser gezeigt hat.)

Viertens sollen in der Schweiz Verstöße gegen die neuen Bestimmungen mit Geldstrafen und Haft bis zu drei Jahren geahndet werden können.

Das Ergebnis der Abstimmung ist umso erstaunlicher, als die Schweiz eigentlich ein wirtschaftsfreundliches Land ist, in der diskreter Reichtum keine Schande ist. Nicht umsonst sitzen in Genf und Zürich die Banken, denen Europas Reiche ihr Vermögen anvertrauen. Doch Vasellas Abschiedsgeld war nicht diskret, es war maßlos – und das mögen die Eidgenossen gar nicht.

Auch die Debatte hierzulande wird durch die Schweizer Entscheidung neuen Schwung bekommen. In Deutschland sorgte zuletzt die Bezahlung von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn für Aufregung. Nicht nur, dass ausgerechnet der Vorstands-Chef eines halbstaatlichen Konzerns im Jahr 2011 mit 16,6 Millionen Euro das höchste Gehalt eines Dax-Konzernlenkers bezog. Für 2012 sollte Winterkorns Gehalt gemäß den geltenden Vergütungsregeln von Volkswagen gar auf 20 Millionen steigen. Vor allem der Anstieg der gewinnabhängigen Boni machte sich bemerkbar.

Doch 20 Millionen Euro Jahresgehalt, so fand Winterkorn selbst, wäre den Menschen nicht mehr zu vermitteln. Und so beschloss der Aufsichtsrat mit ausdrücklicher Billigung Winterkorns, die Vergütungsregeln neu zu fassen und mit sofortiger Wirkung eine Obergrenze für Boni einzuführen. Deshalb soll Winterkorn für 2012 "nur" noch 14,6 Millionen Euro bekommen.

Sind aber 14,6 Millionen Euro vermittelbar? Sind sie angemessen? Gewiss macht Winterkorn bei dem Autobauer einen guten Job. Aber macht er ihn dreimal so gut wie Marijn Dekkers seinen bei der Bayer AG? Wohl kaum. Dekkers bekommt für 2012 "nur" rund fünf Millionen Euro. Dabei hat auch Dekkers Verantwortung für über 100 000 Mitarbeiter; die Aktie des von ihm geführten Konzerns liegt auf einem Rekordhoch. Für den Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist die Sache eindeutig. "Mir kann niemand erzählen, dass innerhalb eines Unternehmens die Arbeit des Chefs 300 Mal mehr wert sein soll als die anderer Beschäftigter", sagt Michael Sommer.

Immer wieder Anlass für Streit liefern auch die Pensionszusagen, die Konzerne ihren Chefs machen. Für Daimler-Chef Dieter Zetsche (59) etwa hat der Autobauer schon jetzt 39 Millionen Euro für den Ruhestand zurückgestellt. In den nächsten drei Jahren wird diese Summe weiter wachsen. Doch so viel Geld kann Zetsche bis zum Rest seines hoffentlich noch langen Rentnerlebens gar nicht vernünftig ausgeben.

Auch Jürgen Großmann konnte nicht genug bekommen. Obwohl dank der von ihm geretteten Georgsmarienhütte schon Milliardär, ließ er sich als Chef der RWE AG zeitweise mehr zahlen, als seine fünf Vorstandskollegen zusammen bekamen, und begründete dies mit seinem großzügigen Verzicht auf Pensionszusagen.

Inzwischen wächst in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft das Unbehagen. Dort lehnte man eine gesetzliche Deckelung ab. Man will keinen Maxilohn für Top-Manager als Gegenstück zum geplanten staatlichen Mindestlohn. Doch man fordert eine schärfere Selbstregulierung. In der Tat: Die Aktionäre müssen in die Lage versetzt und in die Pflicht genommen werden, ihren Top-Angestellten schärfer auf die Finger zu schauen.

Die von der Regierung eingesetzte Kommission, die unter Führung des früheren Commerzbank-Chefs Klaus-Peter Müller Regeln für gute Unternehmensführung formuliert, fordert, dass die Aufsichtsräte börsennotierter Konzerne jeweils Höchstgrenzen für das eigene Unternehmen festlegen. Bis zum 15. März sollen die Unternehmen sich zu diesem Vorschlag äußern.

Ähnlich positioniert sich auch der Duisburger Familienunternehmer Ulrich Grillo. Kaum war er im Januar als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie gestartet, forderte er "unternehmensspezifische Höchstgrenzen". Sich selbst nannte er als Beispiel: "Ich bekomme ein Festgehalt, dazu eine erfolgsabhängige Tantieme. Insgesamt gilt eine Obergrenze. Wenn die erreicht wird, ist Schluss."

(RP)
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