Angeblich keine Beleidigungsabsicht Warschau: Rumsfeld ignoriert Struck

Berlin (rpo). Der eine ist beleidigt, würde das aber nie zugeben, der andere stiefelt kontaktsuchend hinterher. Auf jeden Fall hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf dem NATO-Treffen in Warschau kein Wort mit seinem deutschen Kollegen Peter Struck gewechselt. Die einlenkende Geste folgt auf dem Fuße: Er habe nicht die Absicht gehabt, jemanden zu beleidigen, erklärte Rumsfeld auf einer Pressekonferenz am Rande des informellen Treffens.

Rumsfeld wich der Frage aus, ob er Struck wegen des lädierten deutsch-amerikanischen Verhältnisses bewusst geschnitten habe.

Rumsfeld sagte, er sei mit Struck und anderen mehrfach zusammengekommen, Unterredungen habe es aber nicht gegeben. Gespräche mit Struck seien nicht geplant gewesen, deshalb habe er auch kein Gespräch mit ihm absagen können. Ausweichend ging der US-Minister auch auf die Frage ein, ob er das gemeinsame Abendessen der Verteidigungsminister am Dienstag in Warschau verlassen habe, bevor Struck das Wort ergreifen konnte. Er räumte ein, das Essen früher verlassen zu haben, etwa gegen 22.45 Uhr, weil er noch zwei wichtige Dinge zu erledigen gehabt habe.

Seine Angaben, wie lange vor dem Ende des Essens er gegangen sei, differierten zwischen fünf und 15 Minuten. Rumsfeld sagte, seiner Meinung nach habe Struck zu dem Zeitpunkt, als er ging, bereits gesprochen. Eine solche Frage sei ohnehin ein "Hickhack-Argument", weil er, Rumsfeld, seit sechs Uhr morgens Gespräche geführt und an Treffen teilgenommen habe. Andere Minister wie Struck seien "nicht immer da gewesen". Es stelle sich ja auch nicht die Frage, ob Struck damit habe jemanden beleidigen wollen, erklärte Rumsfeld.

Fragen, ob es direkte Verbindungen zwischen dem Terror-Netzwerk El Kaida und Irak, beantwortete Rumsfeld mit "Ja". Auf Nachfragen verwies er zur Begründung auf CIA-Dokumente von vergangener Woche und auf das vom britischen Premierminister Tony Blair vorgelegte Dossier. Er räumte ein, dass nicht alle Länder der Auffassung seien, ein gewaltsames Vorgehen gegen Irak sei derzeit geboten. Andere Länder hätten auch andere Informationsstände, sagte er. Er habe aber von einigen Verteidigungsministern Unterstützung für den Kurs der US-Regierung erhalten. Die Länder wollte Rumsfeld nicht nennen.

Robertson mahnt NATO zur Geschlossenheit

Angesichts der deutsch-amerikanischen Misstöne hat NATO-Generalsekretär George Robertson die Allianz der 19 Staaten zu Geschlossenheit aufgefordert. "Das Bündnis muss zusammenhalten", sagte Robertson am Mittwoch in Warschau am Rande der Herbsttagung.

"Nach den deutschen (Bundestags-)Wahlen hat es unvermeidlicherweise starke Erregungen gegeben." Es werde eine Zeit dauern, bis sich die Wogen wieder glätten werden, sagte der zivile NATO-Chef. "Die Einheit der Allianz hat einen hohen Wert, besonders in diesen gefährlichen Zeiten", mahnte Robertson. Er hoffe, die Meinungsverschiedenheiten könnten beigelegt werden.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte auf die Frage, wie das deutsch-amerikanische Verhältnis wieder verbessert werden könnte: "Es ist nicht an mir, anderen Ländern Ratschläge zu geben." Rumsfeld hatte vor dem Treffen die US-Position bekräftigt, die deutsch- amerikanischen Beziehungen seien wegen der Nutzung des Irak-Themas im Bundestagswahlkampf derzeit "vergiftet".

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort