Wahl in Ägypten: Salafisten überraschend stark

Alexandria Die ersten ägyptischen Parlamentswahlen nach dem Sturz von Machthaber Hosni Mubarak haben einen deutlichen Sieg für die islamisstischen Parteien gebracht. Darauf deuten erste Teilergebnisse hin. Obwohl erst in einem Drittel der 27 Verwaltungsbezirke Ägyptens gewählt wurde, ist der Trend eindeutig: Demnach liegt die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbrüder in den Großstädten Kairo und Alexandria unangefochten bei über 40 Prozent. Auch in Luxor soll sie stärkste Kraft geworden sein. Das verwundert nicht, deuteten doch alle Prognosen im Vorfeld der Wahlen auf einen fulminanten Erfolg der Muslimbrüder hin.

Überraschend ist dagegen das gute Abschneiden der radikalen Salafisten und ihrer Nur-Partei. Sie liegen in Alexandria mit über 20 Prozent an zweiter Stelle vor dem liberalen Block um die Partei der freien Ägypter. Sollte sich der Trend auch für die kommenden zwei Wahltermine am 14. Dezember und am 3. Januar fortsetzen, hätten die Islamisten eine satte Mehrheit in der künftigen Volksvertretung und könnten maßgeblich die neue Verfassung Ägyptens beeinflussen.

Was der wachsende Einfluss der Salafisten bedeuten könnte, dafür gab Abdel Monem al Shahat, Chef der Nur-Partei in Alexandria, schon während des Wahlkampfes erste Hinweise: Er halte das westliche Konzept von Demokratie nicht für vereinbar mit dem Islam. Für Minderheiten hatte al Shahat nur Spott übrig: "Demnächst werden sie uns fragen, ob wir künftig christliche Vorbeter in der Moschee erlauben werden." Außerdem ist strenge Geschlechtertrennung Programm. Bei einer Kundgebung in Alexandria verhüllten Mitglieder der Salafisten eine Statue mit Stoff, weil darauf "leicht bekleidete Frauen" zu sehen waren. Wahlzettel weiblicher Kandidaten durften kein Foto zeigen, sondern wiesen symbolisch eine Rose auf. Al Shahat verlangte in einer Talkshow im ägyptischen Fernsehen eine Trennwand zwischen sich und einem weiblichen Gast.

Trotz der Wahl versammelten sich auch gestern wieder in Kairo Tausende zum Protest gegen die Herrschaft des Militärs. Auf dem Tahrir-Platz forderten sie den Rücktritt des Militärrats. Bei den nach den Freitagsgebeten angesetzten Protesten wurde auch der 42 Menschen gedacht, die im vergangenen Monat bei Auseinandersetzungen mit der Polizei getötet wurden.

(RP)
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