Kommentar Vorratsdaten neu regeln

Düsseldorf · Das Netz frohlockt: Der EU-Generalanwalt hält die Vorratsdaten-Richtlinie der EU für rechtswidrig, also sind angeblich auch die Pläne von Union und SPD zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gestorben.

Vorratsdatenspeicherung: Fragen und Antworten
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Fragen und Antworten zur Vorratsdatenspeicherung

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Foto: dapd, Thomas Kienzle

So simpel ist es aber nicht. Oder würde jemand aus der Information "Frau Schmitz will Herrn Meyer nicht heiraten" schlussfolgern, dass die Dame sich niemals binden will?

Genauer betrachtet ist für Pedro Cruz Villalón die Vorratsdatenspeicherung nämlich "völlig legitim" — nur halt so nicht, wie es die EU-Richtlinie vorgibt. Die Anforderungen an die Datensammler bei den Unternehmen sind ihm zu gering, die Speicherfristen von zwei Jahren zu lang und die Bestimmungen für staatliches Abrufen dieser Informationen zu lasch. Und damit hat der Generalanwalt haargenau das eingefordert, was Schwarz-Rot sich für die Novelle des Vorratsdatenrechts vorgenommen hat.

Das Problem liegt woanders: Formal ist Deutschland immer noch verpflichtet, die seit 2006 geltenden Vorgaben umzusetzen. Andernfalls drohen Strafzahlungen. Tatsächlich hat der Anwalt empfohlen, die rechtswidrige Richtlinie vorerst in Kraft zu lassen. Es ließe jedoch an der Weitsicht der EU-Richter zweifeln, wenn sie jetzt Deutschland dazu verurteilen würden, die zweifelhafte Richtlinie umzusetzen. Um auf Nummer sicher zu gehen, könnte die neue Koalition jedoch vorbeugen: Die Vorratsdatenspeicherung genau so formulieren, wie es sowohl das deutsche Verfassungsgericht als auch der Generalanwalt verlangen. Damit gelänge nicht nur der Nachweis, eine EU-Vorgabe umgesetzt zu haben. Das gäbe auch ein Vorbild für die erst in zwei Jahren zu erwartende neue EU-Richtlinie ab, würde den verfolgungsfreien Raum der Verbrecher in Deutschland endlich wieder eindämmen und wäre ein Beleg, wie Datenschutz funktioniert und gleichzeitig schwere Straftaten aufgeklärt werden können.

An die Arbeit, Gesetzgeber, und bringt eine überzeugende Vorratsdatenregelung auf den Weg! Die Verfassungsklagen dagegen werden sicher ohnehin kommen, und so kann Deutschland die Zeit bis zur neuen EU-Richtlinie auch nutzen, um verbindlich klären zu lassen, ob die neuen deutschen Standards den hohen grundgesetzlichen Ansprüchen genügen. Weitere Jahre die Hände in den Schoß zu legen, hätte mit verantwortlichem Handeln nichts zu tun.

(may-)
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