Remscheid Vier Verletzte bei Absturz

Remscheid · Ein Hubschrauber ist zwischen Remscheid und Wuppertal neben einem Wohnhaus abgestürzt. Die Rotorblätter hatten sich in einer Stromleitung verfangen. Vor Jahren gab es mit diesem Helikopter-Typ eine Reihe ungeklärter Abstürze.

Am Samstagabend ist gegen 18.30 Uhr ein Hubschrauber aus zwölf Meter Höhe auf eine Wiese in der kleinen Ortschaft Spieckern gestürzt. Die vier Insassen erlitten Verletzungen. Trotzdem sprach die Polizei von "großem Glück": Gleich neben der Absturzstelle steht ein Wohnhaus; das Wrack wurde zudem nicht von den Kabeln der 10 000-Volt-Stromleitung getroffen, in denen sich der Rotor des Hubschraubers verfangen hatte. Die Stadtwerke stellten den Strom vorsorglich ab.

Die Polizei, die sich gestern wortkarg gab, interessiert sich vor allem für das Verhalten des 55-jährigen Piloten aus Remscheid, der mit einem 63-jährigen Passagier in Augustin bei Bonn zu einem Rundflug über das Bergische Land aufgebrochen war. Weil dem Passagier schlecht geworden sei, will der Pilot unweit der Absturzstelle gelandet sein – wo laut Polizei der 27-jährige Sohn des Piloten und dessen 24-jährige Freundin auftauchten und zustiegen; der Weiterflug endete mit der Bruchlandung. Ob die Zwischenlandung überhaupt zulässig war, ist unklar (siehe Info-Kasten).

Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) dürfte sich intensiv für das Wrack des Hubschraubers vom Typ Robinson R 44 interessieren – denn seine eigene Flugunfalluntersuchungsstelle empfahl dem Amt im Mai 1995: "Das Luftfahrt-Bundesamt sollte die Einstellung des Flugbetriebes mit in der Bundesrepublik Deutschland zum Verkehr zugelassenen Hubschraubern des Musters Robinson verfügen."

Der Empfehlung waren in dichter Folge drei Abstürze mit tödlichem Ausgang des seit 1993 gebauten Hubschrauber-Typs vorausgegangen. Am 8. Mai 1995 starben bei Riesa (Sachsen) zwei Piloten, zwei Begleiter wurden schwer verletzt. Die Untersuchung, an der sieben Mitarbeiter verschiedener Dienststellen arbeiteten, kam zu dem Ergebnis, dass der Hauptrotor des Hubschraubers gegen den Kabinen-Rumpf der Maschine geschlagen war. Wie es dazu kommen konnte, blieb auf rätselhafte Weise ungeklärt. "Das auslösende Ereignis, das zum Hauptrotor-Rumpf-Kontakt und zur Zerlegung des Hubschraubers im Fluge führte, war nicht feststellbar. Zu dem Unfall beigetragen hat die geringe Fähigkeit des Hubschraubersystems, Auswirkungen eines Versagens oder Bedienungsfehlers abzufangen", hieß es damals in dem Bericht. Das LBA folgte der Verbots-Empfehlung seiner Untersuchungsstelle nicht, sondern beschränkte sich als Konsequenz der Unfälle "Lufttüchtigkeitsanweisungen" für die Piloten, "um die Gefahr eines Rotor-Rumpf-Kontaktes herabzusetzen".

Laut Untersuchungsstelle war schon bei der Zulassung des Typs "aus der Konstruktion, der Erprobung und dem Betrieb des R 44 eine große Zahl von möglichen Schwierigkeiten in der Handhabung des Luftfahrzeuges vorhersehbar". Entsprechend weise das Flughandbuch eine Vielzahl Warnungen und Gegenmaßnahmen auf.

Der am Samstag in Remscheid abgestürzte R 44 gehört zur Flotte der Air Lloyd Deutsche Helicopter Flugservice GmbH in St. Augustin, wie das Unternehmen bestätigte. Zu dem Unfall selbst gab Air Lloyd keine Stellungnahme ab. Die Firma mit Niederlassungen in St. Augustin, Halle und Berlin verkauft die Hubschrauber in Deutschland (Stückpreis über 300 000 Euro) und bietet sie als Charter-Gerät an. Die Polizei ermittelt gegen den Remscheider Piloten nun wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Sein 63-jähriger Passagier verzichtete auf eine stationäre Behandlung im Krankenhaus.

(RP)
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