Düsseldorf Verpuffung in Neusser Chemiefabrik – stinkende Wolke über dem Rheinland

Düsseldorf · Behörden rätselten stundenlang über die Quelle der Belästigung. Gab es Pannen in der Meldekette?

Ein mysteriöser Gestank hat gestern viele Menschen im Rheinland in Sorge versetzt. Schon am frühen Morgen gingen zunächst im Großraum Köln bei der Feuerwehr Meldungen von Anrufern ein, die über einen ungewohnten Geruch berichteten. Vielerorts wurde ein Gasaustritt befürchtet. Erst gegen 14 Uhr wurde die Ursache für die ungewöhnlich große Geruchswolke bekannt. Die Kölner Feuerwehr erklärte, die Dämpfe seien bei einem Brand in einem Neusser Betrieb für Lebensmittelzusätze entstanden.

Die Firma Silesia Gerhard Hanke, die Geschmacksstoffe produziert, erklärte, der Stoff Sotolon sei bei einer Verdampfung freigesetzt worden. Sotolon ist in Liebstöckel enthalten, das auch Maggi-Kraut genannt wird. In ersten Berichten über das Phänomen war von einer "Maggi-Wolke" die Rede. Da zur Zeit der Verpuffung Nordwind herrschte, wurde der Stoff in Richtung Köln geweht. Messungen ergaben, dass keine Gesundheitsgefahr bestand. Zwischen Köln und Düsseldorf waren über Stunden Messwagen und ein Helikopter unterwegs.

Die Ursache der Geruchswolke gab den Feuerwehren im Rheinland zunächst Rätsel auf. Bei dem Zwischenfall wurde offenbar lediglich eine automatische Löschanlage aktiviert, die Feuerwehr in Neuss wurde nicht alarmiert. Nach Angaben der Kölner Feuerwehr kam diese dem Verursacher erst durch Hinweise aus der Bevölkerung auf die Spur. "Wir haben bei dem Betrieb angerufen und auf Nachfrage erfahren, dass es einen Vorfall gab", so ein Sprecher.

Karsten Mankowsky, der als Gesundheitsdezernent des Rhein-Kreises Neuss auch für Emissionsschutz zuständig ist, gab an, dass es eine "Kommunikationspanne" bei dem Unternehmen gegeben habe. Dort habe die Meldeschnelligkeit deutlich zu wünschen übrig gelassen. Der Fall soll jetzt mit dem Aroma-Hersteller aufgearbeitet werden.

Eine Sprecherin der ebenfalls beteiligten Bezirksregierung Düsseldorf zog ein positives Fazit zur Zusammenarbeit der Behörden. Der Verursacher der Geruchswolke sei zeitnah ermittelt worden, hieß es. "Der Rhein-Kreis Neuss als zuständige Behörde wird nun die Ursachen und mögliche Konsequenzen weiter untersuchen", sagte die Sprecherin.

Bereits heute wird sich der Umweltausschuss des Düsseldorfer Landtags mit den Vorgängen in Neuss befassen. Die FDP-Fraktion hat kurzfristig einen Bericht der nordrhein-westfälischen Landesregierung verlangt.

"Es ist ein Unding, dass die Bevölkerung in Köln stundenlang nicht wusste, woher die Geruchswolke kommt und ob hiervon möglicherweise Gesundheitsgefährdungen ausgehen könnten", sagte Hennig Höhe, Umwelt-Experte der Liberalen. Die Landesregierung müsse in Fällen wie diesen dafür sorgen, dass zwischen Städten, Kreisen und Bezirksregierungen ein besserer Austausch ermöglicht werde. Dass dieser Austausch offensichtlich nicht wie gewünscht funktioniert habe, sei vor dem Hintergrund des Großbrandes beim Düngemittelhersteller Compo in Krefeld im vergangenen September "erschreckend und inakzeptabel".

Rainer Deppe, umweltpolitischer Sprecher der CDU im Landtag, verlangte ebenfalls Aufklärung über die Meldeabläufe. Diese müssten auch funktionieren, um Entwarnung geben zu können. Es sei nicht akzeptabel, dass die Düsseldorfer Bezirksregierung Erkenntnisse für sich behalte.

Die Polizei Neuss nahm gestern Ermittlungen zur Aufklärung der Ursache des Zwischenfalls auf.

(RP)
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