EMI bestätigt Fusionsgerüchte Verhandlungen mit Warner kurz vor dem Abschluss

London/New York (dpa). Der letzte noch unabhängige Musikkonzern mit Weltbedeutung, die EMI Group Plc, steht vor der Eingliederung in das mächtige Medienkonglomerat AOL Time Warner. Die beiden Gruppen wollen sich zum größten Musikkonzern der Welt zusammenschließen, bestätigte EMI am Sonntag im London. Der neue Musikhändler kommt auf einen Umsatz von 8,3 Milliarden Dollar (16 Mrd DM) und einem Marktwert von 20 Milliarden Dollar.

Die Fusion soll am Montag als gleichberechtigter Zusammenschluss präsentiert werden. EMI betonte, es gehe um ein Joint Venture, an dem beide Partner zu jeweils 50 Prozent beteiligt seien, und nicht um eine Übernahme. Dennoch wurde AOL Time Warner in den britischen Medien als der dominierende Partner bewertet.

"Die angestrebte Verbindung bietet die Gelegenheit, die führende Musikgruppe der Welt zu gründen und einen sehr beträchtlichen Mehrwert für die Aktionäre der beiden Gesellschaften zu schaffen", teilte EMI mit. Nach Informationen der britischen Zeitung "Sunday Business" sollen durch die Fusion bis zu 500 Millionen Pfund (1,6 Mrd DM) eingespart werden. Vor allem in den CD- Produktionsstätten, im mittleren Management und im Verkauf seien Synergien möglich.

Als Interessenten für eine EMI-Übernahme waren zuvor schon Walt Disney+, Rupert Murdochs News Corporation und die kanadische Getränke- und Musikgruppe Seagram (Universal Music) im Gespräch gewesen, die Ende 1998 bereits Polygram erworben hatte. Auch über eine Allianz mit Yahoo und Bertelsmann wurde spekuliert, nachdem der Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff erklärt hatte, dass sein Unternehmen im Musikbereich Weltmarktführer werden wolle.

EMI ist weltweit die Nummer drei im Musikgeschäft. Das Unternehmen hat Künstler wie die Spice Girls und die Rolling Stones unter Vertrag. Warner Music hat unter anderem die Rechte auf Cher, Eric Clapton und Madonna. Das Unternehmen gehört zur Time Warner Inc., die derzeit vom Onlinedienst-Anbieter AOL übernommen wird. Mit der Übernahme verringert sich die Zahl der großen Musikhändler in der Welt auf vier. Warner/EMI, Seagram/Polygram, Bertelsmann und Sony.

Der EMI-Chef Eric Nicoli soll der Londoner Zeitung "Sunday Telegraph" zufolge nach der Übernahme aus dem Unternehmen ausscheiden. Dafür solle der EMI-Manager Ken Berry eine führende Rolle übernehmen.

Mit der Entwicklung des Internets verändert sich auch der Musikmarkt: Dank neuer Softwareformate (MP3) kann jetzt jeder Musik über das Netz auf seinen PC laden und auf CD brennen. Neue Unternehmen wie Amazon.com und CDNow haben sich auf diesen Vertriebsweg spezialisiert. Die traditionellen Musikkonzerne richten sich auf die neue Lage ein. Unter dem Dach der AOL hat Warner Music Zugang zu 22 Millionen Onlinedienst-Kunden.

(RPO Archiv)
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