Einige Auszüge Verfassungsschutzbericht: die Schwerpunkte

Berlin (dpa). Schwerpunkte des neuen Verfassungsschutzberichtes sind die zunehmende Gewaltbereitschaft der Rechtsradikalen, der Linksextremismus, das Agieren ausländischer Extremisten in der Bundesrepublik und die trotz der Ost-West-Entspannung immer noch anhaltende Spionage ausländischer Geheimdienste in Deutschland.

GEWALT VON RECHTS: 746 Gewalttaten zählten die Verfassungsschützer 1999. Das sind 5,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 60 Prozent waren fremdenfeindlich motiviert. Täter sind meist Skinheads. Fast die Hälfte der Taten wurde im Osten Deutschlands verübt. Andere rechtsextremistische Delikte, wie Propagandadelikte, das Leugnen des Holocaustes und die Schändung jüdischer Friedhöfe gingen dagegen zurück, um 9,2 Prozent auf 10 037.

RECHTE PARTEIEN: Parteien und Gruppen im rechtsextremistischen Spektrum verlieren an Zulauf. Als stärkste Kraft gilt nach wie vor die Deutsche Volksunion (DVU) mit 17 000 Mitgliedern (minus 1 000 gegenüber 1998). Sie ist in der Bremer Bürgerschaft und im Brandenburger Landtag vertreten. Weniger Erfolg hatten dagegen "Die Republikaner", bei der die Verfassungsschützer 14 000 Mitglieder zählen. Die Zahl der NPD-Mitglieder stagniert bei 6 000. Nach wie vor gibt es Rivalitäten zwischen den Parteien. Eine Einigung und eine "Führungsfigur" ist nicht in Sicht.

PDS: Auch die PDS mit ihren 94 000 Mitglieder wird weiter vom Verfassungsschutz observiert, weil sie sich nach den Worten von Innenminister Otto Schily (SPD) "immer noch nicht von ihrem zwiespältigen Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie" lösen kann. Bei ihr setzen die Verfassungsschützer allerdings nur "offene Mittel" ein, das heißt Medienbeobachtung und Besuch von Veranstaltungen.

LINKSEXTREMISMUS: Das Spektrum von gewaltbereiten überwiegend anarchistisch orientierten Gruppierungen umfasst nach Erkenntnis der Verfassungsschützer mehr als 7 000 Personen, davon mehr als 6 000 so genannte Autonome. Die Straf- und Gewalttaten sind um rund fünf Prozent auf 3 055 zurückgegangen. Angriffe aus dieser Szene auf Rechtsextremisten haben dagegen mit 261 registrierten Taten um 15 Prozent zugenommen. Seit Auflösung der "Roten Armee Fraktion (RAF)" gebe es keine handlungsfähige linksterroristische Struktur mehr. Noch agierende Kleingruppen, vor allem aus dem Kreis der Autonomen oder der Anarchoszene tun sich mit Brandstiftungen hervor. Schwerpunkte sind dabei Berlin, Hamburg, das Rhein-Main-Gebiet, daneben aber auch kleinere Universitätsstädte wie Göttingen.

AUSLÄNDEREXTREMISMUS: Im Spektrum ausländischer extremistischer Organisationen bereiten den Verfassungsschützern islamistische Organisationen große Sorge. Geschätzt werden für 1999 rund 31 300 Mitglieder, wobei weiterhin die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V." mit etwa 27 000 Mitgliedern an der Spitze stehe. Die Arbeit dieser Organisationen ziele auch darauf ab, ihren Mitgliedern nicht nur in der Heimat, sondern auch in Deutschland ein Leben nach islamischen Gesetzen zu ermöglichen. Einige in Deutschland lebende algerische Islamisten gelten als "logistische Unterstützung" der bewaffneten Gruppen in ihrer Heimat.

PKK: Zulauf verzeichnete trotz Verbots die kurdische Arbeiterpartei PKK vor dem Hintergrund der Verhaftung ihres Führers Abdullah Öcalan in der Türkei. Sie verfügt nunmehr über 12 000 Mitglieder in Deutschland. Die Verfassungshüter sind skeptisch, ob sich die seit neuem vertretene Linie der Gewaltlosigkeit bei der PKK weiter durchsetzt, vor allem wenn politische Erfolge zur Verhinderung der Hinrichtung ihres Führers ausbleiben. Beobachtet werden immer noch kriminelle Aktivitäten wie Spendenerpressung, Disziplinierung von Abweichlern und illegale Schleusungen. Auch Aktivitäten im Drogengeschäft werden der PKK nachgesagt.

SPIONAGE: Trotz der Ost-West-Entspannung agieren ausländische Spionagedienste weiterhin in Deutschland. Das Interesse Russlands sowie auch anderer GUS-Staaten richtet sich dabei nach Beobachtungen der Verfassungsschützer auf die Gebiete Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik. Bei nah- und fernöstlichen Geheimdiensten, wie Irak, Iran, Libyen, Syrien, Nordkorea und China stehe dagegen meist die Ausforschung von in Deutschland lebenden Oppositionellen aus dem Heimatland im Mittelpunkt.

(RPO Archiv)
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