Veranstalter haben zahlreiche Warnungen ignoriert

Böse Vorzeichen gab es genug. Schon Monate vor der Loveparade soll der Direktor der Duisburger Berufsfeuerwehr schriftlich davor gewarnt haben, die Veranstaltung auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände abzuhalten. Die Fläche sei viel zu klein. Auch erfahrene Beamte der Einsatz-Hundertschaften wollen sich vor Beginn der Veranstaltung kopfschüttelnd über das Sicherheitskonzept geäußert haben. Nachträgliche Schlaumeierei? Oder echte Kassandra-Rufer?

Verbürgt sind mehrere Einträge in Internet-Foren, in denen selbst Laien vor der Duisburger Loveparade gewarnt haben. Geradezu gespenstisch dieser Eintrag, eingestellt schon vor über zwei Wochen: "Die wollen ernsthaft den zugang über 'nen einspurigen TUNNEL leiten? ich fass' es nicht!!!! ich seh schon tote wenn nach der abschlußkundgebung alle auf einmal über diese mickrige straße das gelände verlassen wollen." Ein anderer schrieb noch am Donnerstag: "Eine Örtlichkeit zur Verfügung zu stellen, die maximal 350 000 Leute aufnehmen kann obwohl man ahnt, dass ca. 800 000 Leute kommen werden (...) die kleinste Panik und der Mob eskaliert. Wetten?"

Eine deutliche Warnung hätte den Verantwortungsträgern in Duisburg auch die Stadt Bochum sein können: Dort wurde die Loveparade im vergangenen Jahr abgesagt. Aus Sicherheitsgründen. Man habe keine ausreichend große Fläche für derartige Menschenmassen. Wohl auch vor diesem Hintergrund will Bochums früherer Polizeipräsident Thomas Wenner (62) nun sogar juristisch gegen den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland vorgehen. Laut "Bild.de" sagte er: "Ich zeige den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, die leitenden Beamten der Stadt und die Veranstalter an." Eine Veranstaltung wie die Loveparade sei in einer Stadt wie Duisburg auf einem Gelände wie dem alten Güterbahnhof nie realisierbar gewesen. Städte wie Bochum und Duisburg mit ihren engen Bahnhöfen seien für solche Partys nicht geeignet.

Dortmund machte vor zwei Jahren hingegen gute Erfahrungen mit der Loveparade. Allerdings waren in Deutschlands selbst ernannter Hauptstadt des Bieres mit knapp 7000 Helfern auch deutlich mehr Kräfte im Einsatz als in Duisburg, wo den Massen nur 4000 Polizisten und 1000 Ordnern gegenüber standen. Genau dafür gab es gestern sogar Kritik von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): "Ich will die Duisburger Polizeiführer nicht angreifen – aber der Massenandrang wurde wohl unterschätzt", sagte der Berliner GdP-Chef Michael Reinke.

Hart ins Gericht mit der Einsatzplanung ging gestern im Gespräch mit unserer Zeitung auch Manfred Buhl, der als Chef von Deutschlands größter Sicherheitsfirma Securitas über viel Erfahrung mit der Betreuung von Massenveranstaltungen verfügt. "8000 bis 9000 Sicherheitskräfte wären auch nicht übertrieben gewesen", so Buhl. Angesichts der "Kessel-Situation" auf dem Duisburger Gelände hätte man mit wesentlich mehr Kräften kalkulieren müssen, "um die Massen im Panik-Fall auseinanderdrängen zu können", so Buhl. In Dortmund sei nur deshalb nichts passiert, weil rechts und links von der Veranstaltungsstraße große Auslaufflächen vorhanden waren.

Angesprochen auf all diese Vorwürfe wichen die Verantwortlichen von Duisburg gestern aus. General-Tenor ihrer Erklärungen: Wir wissen noch zu wenig, deshalb können wir auch noch nichts sagen.

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