Caracas Venezuela vor dem Bürgerkrieg

Caracas · Der linksextreme Präsident Nicolás Maduro kann seine Macht nur noch mit Hilfe der Militärs sichern. Das weckt Erinnerungen an dunkle Zeiten.

Am Morgen danach muss es mal wieder Padrino López richten. Venezuelas Verteidigungsminister ruft die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren, und verurteilt den "terroristischen Akt" vom Vortag. Es geht um einen mysteriösen Hubschrauberflug. Gesteuert von einem Polizisten und Schauspieler namens Oscar Pérez, der sich laut Videobotschafter offenbar als "Krieger Gottes" versteht. Es gelte die Tyrannei Maduros zu beseitigen, ließ er verbreiten.

Der Helikopter, so behauptet es Venezuelas linksextremer Präsident Nicolás Maduro, habe über Regierungsgebäuden Granaten abgeworfen und Schüsse abgefeuert. Verletzte oder gar Tote gab es keine, trotzdem bauscht Maduro das Ereignis zu einem versuchten Staatsstreich auf. Das regierungstreue Staatsfernsehen darf bei der Spurensicherung von Einschusslöchern an einem Baum hautnah dabei sein, Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes halten die Pfeile so hin, dass die Kamera alles genau mitbekommt. Für die Regierung steht fest: Terrorismus und Putschversuch. Die Opposition wittert dagegen eine billige Inszenierung, um noch mehr militärische Gewalt ausüben zu können.

Eigentlich ist die Aufgabe des venezolanischen Militärs die Verteidigung der Außengrenzen. Doch inzwischen sieht die venezolanische Regierung den Feind im eigenen Land. Und so wird General Padrino López immer mehr zur Schlüsselfigur in der Krise. Er gilt als treuer Verbündeter Maduros; wann immer die Unruhen im Land wieder einmal stärker werden, blickt Venezuelas Regierung, aber auch die Opposition auf den mächtigsten General im Land.

In der venezolanischen Armee rumort es seit Langem. Immer wieder kommt es zu Verhaftungen, weil Militärs zu zivilem Ungehorsam aufrufen. Auch an den Armeeangehörigen geht nicht spurlos vorbei, was nahezu täglich auf den Straßen des Landes passiert: Mehr als 80 Tote seit Ausbruch der Massenproteste im April, die Mehrzahl aufseiten der Opposition, aber eben auch in Reihen der Sicherheitskräfte.

Dazu kommt die katastrophale Versorgungslage, auch in den Kasernen. Und inzwischen dient das Militär als Ersatz-Justiz: 400 Menschen wurden in den letzten Wochen zum Entsetzen von Menschenrechtsorganisationen vor Militärgerichte gestellt. Das erinnert an die lateinamerikanischen Diktaturen aus dem vergangenen Jahrhundert.

Bevor es zu dem spektakulären, aber letztlich harmlosen Hubschrauberflug kam, hatte Maduro eine unmissverständliche Warnung an die Opposition gerichtet. "Wenn Venezuela in Chaos und Gewalt gestürzt und die bolivarische Revolution zerstört werden soll, werden wir in den Kampf ziehen." Dann erklärte er sogleich der Demokratie ganz offen den Krieg: "Wenn wir es nicht mit den Stimmen schaffen, dann machen wir es mit Waffen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort