Rom Venedigs Bürgermeister unter Hausarrest

Rom · Ein Korruptionsskandal erschüttert die italienische Stadt. Im Zentrum: Stadtoberhaupt Giorgio Orsoni.

"Mose" sollte Venedig eigentlich vor dem Untergang retten. Jetzt droht die weltberühmte Lagunenstadt im Korruptionssumpf zu versinken. Am frühen Mittwochmorgen klickten für 35 Menschen in und um Venedig die Handschellen. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass sie alle an den krummen Geschäften rund um das milliardenschwere Hochwasserschutz-System "Mose" beteiligt waren. Der prominenteste unter ihnen: Giorgio Orsoni. Seit 2010 war der Sozialdemokrat Bürgermeister Venedigs. Er steht nun unter Hausarrest.

"Mose" ist das "Modulo Sperimentale Elettromeccanico" ("Elektromechanisches Versuchsmodul"). Hinter diesem hochtechnologischen System von Unterwasser-Schranken, die das für Touristen pittoreske, für Venedig aber bedrohliche Hochwasser in Zukunft abhalten sollen, verbirgt sich offenbar ein Abgrund von Korruption, Amtsmissbrauch und Geldwäsche. Die Staatsanwaltschaft Venedig ermittelt gegen etwa 100 Personen.

Das Hochwasserschutz-System wird bis zur Inbetriebnahme 2016 sieben Milliarden Euro verschlungen haben und soll der vom Untergang bedrohten Stadt das Überleben sichern - Venedig ist auf unzähligen Holzpfählen gebaut. Der Meeresspiegel steigt, die Stadt sinkt zudem jährlich um Millimeter. Und das Hochwasser bedroht die Bausubstanz. Drei riesige, mobile Unterwasserschranken sollen die Lagune an den Durchfahrten zum Meer gegen Hochwasser sichern.

Diese marine Spitzen-Technologie verlockte offenbar Manager und Politiker, illegal von den Milliarden zu profitieren. Auch gegen den ehemaligen Präsidenten der Region Venetien und früheren Minister Giancarlo Galan liegt ein Haftbefehl vor. Laut Staatsanwaltschaft haben die Manager des mit dem Bau beauftragten Konsortiums Millionen in schwarze Kassen nach San Marino abgezweigt. Mit dem Geld versuchten die Baufirmen das Erteilen von Genehmigungen zu beschleunigen.

Bürgermeister Orsoni wird vorgeworfen, insgesamt von 500 000 Euro illegaler Herkunft profitiert zu haben. Teilweise ließ er sich mit dem Schwarzgeld offenbar den Wahlkampf finanzieren. Galan, Mitglied der Berlusconi-Partei "Forza Italia", hat sich angeblich im Gegenzug für vorteilhafte Entscheidungen die eigene Privatvilla restaurieren lassen. Kosten: eine Million Euro.

(RP)
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