Belege für Abkühlung der Konjunktur häufen sich USA vor Rezession? - Bush sieht "dunkle Wolken"

Washington (dpa). Der neue Präsident Bush und sein Vize Dick Cheney haben in jüngster Zeit kaum eine Gelegenheit ausgelassen, ihre Sorgen um die erste drohende Rezession im Land seit der Amtszeit von Präsident Bush senior zu äußern. "Viele Leute hier haben uns ziemlich schlechte Nachrichten mitgebracht", fasste Bush sein Gespräch mit Managern zusammen, das er vergangene Woche auf einer Wirtschaftskonferenz im texanischen Austin führte. Immer wieder sprach George W. Bush von den "dunklen Wolken am Horizont". Cheney wurde noch direkter, als er erklärte: "Wir stehen am Rande einer Rezession".

Mit seinen ständigen Äußerungen zur rückläufigen Konjunktur rede er eine Rezession geradezu herbei, kritisiert die Clinton-Regierung ihren Nachfolger im Weißen Haus. Die Äußerungen seien unverantwortlich und ein offensichtlicher Versuch, Bushs Plan für Steuersenkungen im Umfang von 1,3 Billionen Dollar durchzudrücken. "Der neue Präsident und seine Leute sollten die Wirtschaft nicht schlecht reden und damit einen Vertrauensverlust riskieren, nur um kurzfristig Argumente für ihre politische Position zu gewinnen", sagte Gene Sperling, oberster Wirtschaftsberater Clintons.

Doch viele Wirtschaftsexperten glauben, dass Bush mit seiner Offenheit einen der größten Fehler vermeiden kann, den sein Vater während seiner Amtszeit gemacht hat. Dieser folgte den Warnungen seiner Berater vor einem Vertrauensverlust und ignorierte bis Januar 1991 die Rezession von 1990/91 - zu diesem Zeitpunkt war der Abschwung bereits fast überwunden. Der folgende Aufschwung im März 1991 blieb schwach und wurde als Erholung ohne neue Arbeitsplätze registriert.

Während Clinton in seiner Präsidentschaftskampagne 1992 ständig die Wirtschaftsprobleme anprangerte, zeigte sich Bush gleichgültig und unentschlossen. "Einer der Hauptgründe für die Wahlniederlage von Präsident Bush senior war die fehlende Einsicht der Bush-Regierung in die Wirtschaftsprobleme", sagt Allen Sinai, Chef-Ökonom der Wirtschaftsberatung "Decision Economics" in New York.

Wachstum so gering wie zuletzt vor acht Jahren

Und so weisen heute Analysten auch die Vorwürfe zurück, die neue Regierungsmannschaft unter Präsident George W. Bush mache Verbraucher und Unternehmer nervös und löse damit die Rezession erst aus. Martin Regalia, Chef-Ökonom der amerikanischen Handelskammer, sagt, Bush und Cheney sprächen "berechtigte Sorgen" an und entwickelten Pläne für den möglichen Krisenfall. "Ich sehe nicht die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Voraussage", ergänzt Stuart Hoffman, Chef-Ökonom des Finanzdienstleisters PNC. "Sie sprechen nur das aus, was aus den Wirtschaftsdaten hervorgeht."

Solche Belege für eine Abkühlung der Konjunktur häufen sich inzwischen. Die Regierung teilte am Freitag mit, das Wachstum von Arbeitsplätzen in der Privatwirtschaft sei in den vergangenen drei Monaten so gering wie zuletzt vor acht Jahren. Noch düsterer sind die Pläne der großen Einzelhändler, als Reaktion auf die sinkende Verbraucher-Nachfrage Tausende Arbeitskräfte zu entlassen.

Auch Notenbankchef Alan Greenspan tut offenbar einiges, um einen alten Fehler nicht ein zweites Mal zu machen. Während er vor zehn Jahren nach Einschätzung von Analysten zu lange zögerte, die Leitzinsen zu senken, überraschte er in der vergangenen Woche mit einem unmissverständlichen Schritt: Er senkte die Zinsen um einen halben Prozentpunkt, so deutlich wie seit acht Jahren nicht mehr.

Analysten setzen darauf, dass die Notenbank auch ohne die versprochenen Steuersenkungen der Bush-Regierung schnell genug handeln kann, um eine handfeste Wirtschaftskrise zu verhindern. "Die Notenbank ist nicht in Panik, und wir sollten auch ruhig bleiben", sagt Oscar Gonzalez vom Finanzdienstleister John Hancock in Boston. "Greenspan hat immer noch genug Spielraum, um den Aufschwung zu halten."

(RPO Archiv)
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