USA erwägen Schlag gegen Syrien

Washington/Damaskus (RP) US-Generalstabschef Martin Dempsey hat erstmals offen über ein militärisches Vorgehen gegen das Regime in Syrien gesprochen: "Wir sind bereit, militärische Optionen vorzulegen, wenn wir danach gefragt werden", sagte er dem TV-Sender CBS. Allerdings fügte er hinzu, dass es vor einer Diskussion über militärische Möglichkeiten diplomatischen Druck geben sollte.

Bislang haben US-Militärs sowie Vertreter der US-Regierung es stets vermieden, in der Öffentlichkeit über militärische Aktionen gegen das Regime von Präsident Baschar al Assad zu sprechen. Dempsey äußerte sich nach dem jüngsten Massaker in dem Dorf Hula mit mehr als 110 Toten. "Die Ereignisse in Syrien über das Wochenende sind schlichtweg entsetzlich. Wirklich grauenhaft."

Bei den Angriffen am Freitag und Samstag setzten Sicherheitskräfte nach Angaben des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen schwere Waffen ein. Zivilisten seien gezielt und aus nächster Nähe erschossen worden. Der Sicherheitsrat erklärte, die Assad-Regierung habe mit der Attacke das Völkerrecht und ihre internationalen Verpflichtungen grob verletzt. Das Regime hatte einer Waffenruhe ab dem 12. April zugestimmt, die durch den Syrien-Sondergesandten Kofi Annan vermittelt worden war. Der Sicherheitsrat verurteilte den Angriff als "verabscheuungswürdig". Der Erklärung stimmten alle 15 Mitglieder des Rates zu. Unter den Opfern von Hula waren nach UN-Angaben auch mindestens 30 Kinder.

Der Rat beauftragte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, das Blutbad untersuchen zu lassen. Ban und Annan hatten in einem gemeinsamen Statement das "brutale Verbrechen" von Hula verurteilt. Sie forderten, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, sagte, der Angriff auf das Dorf sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Der UN-Gesandte Annan traf gestern in Damaskus ein, wo er sich zunächst mit Außenminister Walid al Muallem und heute im Laufe des Tages mit Assad selbst treffen will. Auch werde er mit Oppositionellen sprechen, hieß es aus der syrischen Hauptstadt. Diplomaten in der Region nannten die Visite Annans "entscheidend" in Hinblick auf dessen Friedensplan.

Die UN-Vetomacht Russland machte unterdessen sowohl die syrische Regierung als auch "Extremisten" für das Massaker von Hula verantwortlich. "Es besteht kein Zweifel, dass die Behörden Artillerie und Panzer eingesetzt haben", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen William Hague in Moskau. Allerdings müsse die Schuld "objektiv verteilt" werden. Er forderte eine unabhängige Untersuchung.

Hague wies der Führung des umstrittenen Präsidenten Baschar al Assad die Hauptschuld zu und forderte dessen Rücktritt. Zuvor hatte der stellvertretende russische UN-Botschafter Alexander Pankin gesagt, es sei nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Massaker um eine "Provokation" von Rebellen handele.

(RP)
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