Washington US-Schuldenstreit eskaliert

Washington · Ein neuer Anlauf zur Sanierung des amerikanischen Staatshaushaltes droht kläglich zu scheitern: Die nach dem Streit um das Schuldenlimit im Sommer eingesetzte, überparteiliche Schuldenkommission von Senat und Repräsentantenhaus kann auch kurz vor der heute ablaufenden Frist noch kein Ergebnis vorweisen.

Als Gegenleistung für die von den Republikanern in letzter Minute gegebene Zustimmung zu einer höheren Staatsverschuldung hatten sich beide großen Parteien im August verpflichtet, nach Einsparmöglichkeiten im Volumen von 1,2 Billionen Dollar zu suchen. Doch kein Lager wollte sich bewegen.

"Wir sind nicht hierhergekommen, um wieder einmal die Steuern für die Reichen zu senken", sagte der ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry. "Unsere demokratischen Freunde waren nie zu Reformen des Sozialstaats bereit", argumentierte sein republikanischer Widerpart, Senator Jon Kyl aus Arizona.

Dabei hatten beide Seiten im Sommer versucht, sich mit einem vermeintlich genialen Trick gegenseitig unter Druck zu setzen. Falls es zu keinem Verhandlungsergebnis kommen würde, sollte der Haushalt automatisch um den gewünschten Billionenbetrag zusammengestrichen werden – per Rasenmähermethode an exakt den Stellen, wo es Republikanern oder Demokraten am meisten wehtut.

So müsste laut der nun theoretisch in Kraft tretenden Vereinbarung etwa der Verteidigungshaushalt um etwa ein Fünftel schrumpfen. Ähnlich drastische, automatische Kürzungen sind beispielsweise in der steuerfinanzierten Krankenversicherung für Bedürftige fest vereinbart.

Doch dieser Versuch, sich sozusagen selbst die Pistole auf die Brust zu setzen, funktioniert offenbar nicht. Die ersten automatischen Haushaltskürzungen sind nämlich erst für Anfang 2013 vorgesehen. Und das gibt den inkonsequenten amerikanischen Politikern genügend Zeit, um den von ihnen selbst gestarteten Sparmechanismus gleich wieder zu stoppen. Sowohl Demokraten als auch Republikaner haben in der Endphase der Verhandlungen zur Haushaltssanierung deutlich gemacht, dass sie diesen Teil ihrer Vereinbarung in den kommenden Monaten so gut wie möglich untergraben wollen.

Während in Europa unter dem Druck der Euro-Krise im Rekordtempo Sanierungspläne verabschiedet werden, spielt die amerikanische Politik immer noch auf Zeit. Obwohl der Abbau des Staatsdefizits ganz oben auf der Prioriätenliste der amerikanischen Öffentlichkeit steht, haben beide amerikanische Parteien vor dem Präsidentschaftswahljahr 2012 offenbar panische Angst vor Beschlüssen, die ihrer jeweiligen Klientel wehtun könnten.

(RP)
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