Washington/Pjöngjang US-Justizminister geht wegen Russland-Affäre in die Offensive

Washington/Pjöngjang · Fünf Tage nach dem entlassenen FBI-Direktor James Comey ist gestern auch Justizminister Jeff Sessions in den Zeugenstand des Geheimdienstausschusses des US-Senats getreten. Unter Druck geraten, blies der Ex-Senator aus Alabama zum Gegenangriff, indem er seinen Kritikern Falschaussagen unterstellte. Es sei eine "entsetzliche und widerwärtige" Lüge zu behaupten, er habe im Wahlkampf insgeheim mit den Russen zusammengearbeitet, sagte Sessions. Er werde sich von solchen Attacken nicht einschüchtern lassen. Der Ausschuss versucht herauszufinden, ob Trumps Wahlkampfteam mit dem Kreml kooperierte, um der Kontrahentin Hillary Clinton zu schaden.

Vor allem die demokratischen Senatoren wollten wissen, welche Rolle Sessions bei der Entlassung Comeys spielte. Außerdem stand die Frage im Raum, ob er selber daran mitwirkte, Ermittlungen im Zuge der Russland-Affäre zu blockieren. Schließlich sollte er seine Kontakte zum russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, erläutern. Comey hatte vergangene Woche von "problematischen" Verbindungen des Ministers gesprochen.

Sessions, im Wahlkampf der erste Politiker von Rang, der ins Lager Trumps überlief, gab die Untersuchung der sogenannten Russland-Connection ab, da er selber über seine Gespräche mit Kisljak nicht die Wahrheit gesagt hatte. Mindestens zweimal traf er sich im vergangenen Jahr mit dem russischen Diplomaten, erst im Juli am Rande des republikanischen Wahlparteitags in Cleveland, dann im September in seinem Senatsbüro im Kapitol. Hinzu kam womöglich eine dritte, bisher verschwiegene Begegnung im "Mayflower", einem Luxushotel in der Nähe des Weißen Hauses - nach Schilderung des Ministers eine allenfalls flüchtiges Händeschütteln während eines Empfangs, an das er sich nicht mehr erinnern könne. Nicht die Treffen als solche bringen Sessions, der Trump seinerzeit als Chefstratege in außenpolitischen Fragen beriet, im Nachhinein in Erklärungsnot. Die Krux ist, dass er sie unterschlug, als der Senat über seine Berufung an die Spitze des Justizressorts zu befinden hatte und er konkret nach Kontakten zu Emissären Russlands gefragt wurde.

Seit Comey vergangene Woche schilderte, wie Trump ihn zur Einstellung von Ermittlungen gegen den früheren Sicherheitsberater Michael Flynn aufforderte, drängt sich der Verdacht auf, dass auch der Justizminister eine Aktie daran hatte und obendrein die Entlassung des FBI-Chefs einfädelte. Er sei sich nicht sicher, was Trump durch den Kopf gegangen sei, als er Comey entlassen habe, erwiderte Sessions bei der Anhörung.

Unterdessen hat Nordkorea einen inhaftierten Studenten aus den USA freigelassen. Der 22-jährige Otto Warmbier sei bereits auf dem Weg zurück in seine Heimat, teilte US-Außenminister Rex Tillerson gestern mit. Das Außenministerium habe die Freilassung Warmbiers nach einer entsprechenden Anweisung von Präsident Donald Trump erreicht. Warmbier war vergangenes Jahr in einem nur einstündigen Prozess zu 15 Jahren Haft mit Zwangsarbeit verurteilt worden. Er hatte eingeräumt, dass er in Nordkorea ein Propaganda-Transparent als Trophäe für eine Bekannte in der Heimat stehlen wollte. Die nordkoreanische Justiz stufte das als staatsfeindliches Handeln ein. Warmbiers Freilassung fiel mit dem Besuch des ehemaligen US-Basketballstars Dennis Rodman im international isolierten Nordkorea zusammen.

(FH/RP)
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