Studie verstärkt Druck auf irakische Regierung US-Geheimdienst: Zweifel an Existenz irakischer Chemiewaffen

Washington (rpo). Noch im September 2002 hat der militärische Geheimdienst der USA Zweifel an der Existenz chemischer und biologischer Waffen im Irak geäußert.

<P>Washington (rpo). Noch im September 2002 hat der militärische Geheimdienst der USA Zweifel an der Existenz chemischer und biologischer Waffen im Irak geäußert.

Die Zweifel an der Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen haben am Freitag neue Nahrung erhalten. Wie in Washington bekannt wurde, hat der militärische Geheimdienst DIA schon im vergangenen September eingeräumt, dass es keine zuverlässigen Beweise für etwaige irakische Chemiewaffen gebe. UN-Chefinspekteur Hans Blix erklärte, das ihm vorgelegte Geheimdienstmaterial sei weitgehend unbrauchbar gewesen. Er halte es aber nach wie vor für möglich, dass noch Massenvernichtungswaffen gefunden würden.

Über den DIA-Bericht wurde zuerst im Fernsehsender Bloomberg News und dann in weiteren Medien berichtet. Zwei Pentagon-Beamte bestätigten am Freitag, dass dem Geheimdienst im September keine Hinweise auf Chemiewaffen vorgelegen hätten. Zu diesem Zeitpunkt hatte US-Präsident George W. Bush aber bereits mit dem Argument der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen für eine Intervention in Irak geworben.

Blix sagte dem BBC-Fernsehen: "Wir haben zahlreiche Anlagen in Irak untersucht, die uns von Geheimdiensten genannt wurden. Nur in drei davon fanden wir überhaupt etwas, und auch das hatte nichts mit Massenvernichtungswaffen zu tun." Allerdings könnten die amerikanischen und britischen Kontrolleure in Irak durchaus noch chemische oder biologische Waffen finden. Zuvor hatte Blix jedoch zu Bedenken gegeben, die internationale Glaubwürdigkeit von Experten der Kriegskoalition könne nie so hoch sein wie die der UN-Inspekteure.

Am Freitag kehrten erstmals seit Kriegsbeginn UN-Atomexperten nach Bagdad zurück, um Berichte über Plünderungen in der Atomanlage Tuwaitha zu überprüfen. Das Pentagon betonte, die Rückkehr der Experten der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sei eine einmalige Aktion im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags, aber keine Waffeninspektion.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verteidigte unterdessen die Entscheidung, die Bildung einer irakischen Interimsverwaltung zu verschieben. Beim Übergang zur Demokratie dürfe man nichts überstürzen, sonst drohe ein Rückfall in die Diktatur. Der künftige irakische Staat solle Minderheiten im Lande respektieren und seine Nachbarstaaten nicht bedrohen. Dies erfordere Zeit.

Heftige Kritik rief die Anordnung der US-Zivilverwaltung zur Entwaffnung fast aller irakischen Milizen hervor. Schiitenführer Ayatollah Mohammed Bakir el Hakim kündigte in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" Widerstand an. Insbesondere der Beschluss, die irakischen Kurden von der Entwaffnung auszunehmen, empöre die Schiiten. "Amerika ist parteiisch", kritisierte Hakim die Sonderregelung für die Kriegsverbündeten der US-Streitkräfte.

Westlich von Bagdad wurden US-Soldaten erneut Ziel eines Angriffs. In der Ortschaft Khaldija fielen Granaten und Schüsse auf zwei Militärfahrzeuge, dabei wurde aber niemand verletzt. Angesichts der unsicheren Lage in Irak forderte die deutsche Sektion von Amnesty International einen EU-weiten Abschiebestopp für irakische Flüchtlinge.

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