Berlin Union und SPD streiten über künftigen Bundespräsidenten

Berlin · Die Nachricht, dass Bundespräsident Joachim Gauck für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung steht, ist gerade mal einen Tag alt, da liegen die Spitzen der großen Koalition schon im Streit um die Nachfolge. "Die Union hat klargemacht, dass es kein Sozialdemokrat werden soll. Dann wird es nach Lage der Dinge auch kein Christdemokrat", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gestern nach der Fraktionssitzung. Hintergrund ist, dass Kanzlerin Angela Merkel schon deutlich vor Gaucks Entscheidung gegenüber SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärt hatte, die Union werde im Bundestagswahljahr 2017 keinen Sozialdemokraten zum Präsidenten küren. Ohne diese Festlegung galt Außenminister Frank-Walter Steinmeier als möglicher Kandidat der SPD, der auch in den Reihen der Union großes Ansehen genießt.

Auf Oppermanns Anwurf reagierte Unionsfraktionschef Volker Kauder prompt. Ebenfalls vor dem Fraktionssaal gab er scharf zurück: "Wenn mein Kollege Oppermann erklärt, dass es kein Kandidat der Union schaffen würde, dann kann ich nur sagen, es ist sicher nicht das erste Mal, dass ein Sozialdemokrat sich geirrt hat." So hat die Union in der Bundesversammlung zwar keine absolute Mehrheit, könnte einen eigenen Kandidaten aber im dritten Wahlgang durchbekommen. Dies will sie aber eigentlich vermeiden.

Die Gespräche über die Nachfolge von Joachim Gauck sollen erst im Oktober nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin beginnen, wie gestern gleich mehrere Spitzenvertreter der Koalition deutlich machten. Der Kandidat soll nicht nur wegen der Landtagswahlen möglichst spät benannt werden. Auch die Sorge, ein Kandidat könne "zerredet" werden, treibt die Verantwortlichen in Berlin um.

Zünglein an der Waage werden voraussichtlich die Grünen sein. Sie müssen sich entscheiden, ob sie auf einen rot-rot-grünen Kandidaten oder auf eine schwarz-grüne Allianz setzen. Mit der schwarz-grünen Option könnten sie sicher und souverän den Bundespräsidenten mitbestimmen, da Schwarz-Grün über eine absolute Mehrheit in der Bundesversammlung verfügt. Bislang vermeiden es die Grünen, sich festzulegen. "Die Grünen nehmen dann ihre gesellschaftliche Rolle richtig wahr, wenn sie für einen Bundespräsidenten sorgen, der Ecken und Kanten und einen eigenen Kopf hat", sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck unserer Redaktion.

Parteichefin Simone Peter erklärte, die Grünen könnten sich sehr gut eine Frau als Bundespräsidentin vorstellen oder auch eine Persönlichkeit mit Migrationshintergrund. Sollten die Grünen gemeinsame Sache mit der Union machen, wären ihre Chancen gut, ihre Bedingungen vorzugeben. Als Kandidat mit Migrationshintergrund wird der Schriftsteller Navid Kermani gehandelt.

Als Frauen wurden bisher CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt als Kandidatin der Union und die Wissenschaftlerin Jutta Allmendinger als SPD-Kandidatin genannt. Vom Bundesverfassungsgericht werden Präsident Andreas Voßkuhle und der Richter sowie frühere saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) gehandelt.

(mar/qua)
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